Die unendliche Preisschlacht

Düsseldorf. Der Rabatt winkt überall. 30, 50 oder bis zu 70 Prozent - die Modehändler werben schon seit Wochen mit umfangreichen Preisnachlässen. Wann beginnt der Sommerschlussverkauf eigentlich genau, wann hört er auf? Diese Frage ist zehn Jahre nach dem Fall des Rabattgesetzes am 25. Juli 2001 in Deutschland nicht mehr so einfach zu beantworten

Düsseldorf. Der Rabatt winkt überall. 30, 50 oder bis zu 70 Prozent - die Modehändler werben schon seit Wochen mit umfangreichen Preisnachlässen. Wann beginnt der Sommerschlussverkauf eigentlich genau, wann hört er auf? Diese Frage ist zehn Jahre nach dem Fall des Rabattgesetzes am 25. Juli 2001 in Deutschland nicht mehr so einfach zu beantworten. "Die Rabattaktionen beginnen immer früher. Man kann es auch anders sagen: Sie hören gar nicht mehr auf", schildert der Deutschland-Chef der Werbeagenturgruppe Grey, Uli Veigel. Es gehe längst nicht mehr nur um Sommermode, die zum Saisonende mit Prozenten verkauft wird. Rabatte gebe es heute in verschiedenen Formen - vom Rabattmarkenheft über Bonussysteme bis hin zu Vorteilen für eine Weiterempfehlung im Internet. "Wir haben ganz eindeutig eine Rabatt-Inflation", meint Veigel.Sind die Deutschen ein Volk von Schnäppchenjägern, wie häufig behauptet wird? "Rabatt ist für die Verbraucher ein zweischneidiges Schwert", meint der Konsumpsychologe Stephan Grünewald vom Kölner Institut Rheingold. Sie begrüßten ein Entgegenkommen der Händler, wollten aber nicht in die Position geraten, selber feilschen zu müssen wie auf dem Basar. "Der Deutsche möchte etwas Genormtes haben, hat unterschwellig Angst, den Kürzeren zu ziehen. Es gibt nur eine kleine Gruppe, die Spaß daran hat, zu handeln", erklärt Grünewald.

Das Gros der Deutschen wünsche sich berechenbare Sonderangebote. "Die Verbraucher wollen nachvollziehen können, warum die Industrie oder der Handel ihnen entgegenkommt", betont der Konsumpsychologe. Ansonsten sehnten sie sich nach festen Preisen, "wo man nicht lange nachdenken muss". Dieser Wunsch werde vom Handel ignoriert. Die Inflation von Sonderangeboten führe auch dazu, dass mancher Konsument erst hinterher merke, sich eine Sache angeschafft zu haben, die er gar nicht wollte.

Verbraucherschützer raten zu einem kühlen Kopf, wenn Händler groß mit Rabatten oder rot durchgestrichenen Preisen werben. Der Kunde könne in vielen Fällen selbst einen Preisnachlass heraushandeln, wenn er sich nur trauen würde, sagt Handelsexperte Georg Tryba von der Verbraucherzentrale NRW. Dies sei auch vor dem Fall des Rabattgesetzes so gewesen. Damals hätten Händler aber lieber dezent darüber gesprochen.

"Sommerschlussverkauf und Winterschlussverkauf stammen noch aus einer Zeit, in der die Textilwirtschaft in zwei Saisons gedacht hat. Heute gibt es sechs, acht oder mehr Kollektionen im Jahr", erläutert Handelsexperte Thomas Harms von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young. Zwei Termine für Schlussverkäufe reichten deshalb nicht mehr aus. Reduzierte Ware könne man heute zu jeder Zeit finden. Dennoch seien SSV und WSV weiter wichtig, um die Lager zu räumen. Mit Rabatten vor den gewohnten Terminen der Schlussverkäufe versuchten Unternehmen, die Kauflust frühzeitig auf sich zu ziehen und damit noch größere Preisabschläge bei einem Teil der Ware zu vermeiden. "Der Handel hat kein Interesse daran, Produkte zu verramschen, aber saisonal bedingt Kundenanreize zu geben", betont Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland.

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