Die strengste Aufseherin, die die EU finden konnte

Brüssel · An ihr Gesicht werden sich Europas Bankenmanager gewöhnen müssen: Danièle Nouy, 63, Französin. Und demnächst Chefin der neuen europäischen Bankenaufsicht unter dem Dach der EZB in Frankfurt am Main.

Vergangene Woche stimmte der Wirtschafts- und Währungsausschuss des Parlamentes ihrer Ernennung zu. So besteht kein Zweifel, dass sie auch morgen eine große Mehrheit vom Straßburger Plenum erhalten wird.

Nouy stammt aus der Bretagne, ist verheiratet und Mutter von zwei erwachsenen Töchtern. "Hätten wir uns eine oberste Aufseherin für die 130 Großbanken in Europa malen müssen, wäre sie dabei herausgekommen", sagte ein Parlamentarier nach der Ausschusssitzung. Die Vorschusslorbeeren hat Nouy verdient. Denn ihre Karriere absolvierte die als unnachgiebig und scharf geltende Bretonin in der Finanzwelt. Nach dem Diplom am Institut für politische Studien in Paris und einem Hochschulabschluss in Jura ging sie zunächst zur französischen Nationalbank, bei der schon ihr Vater tätig war. 1986 wechselte sie zur Vorgängerin der heutigen Bankenaufsichtsbehörde, 1998 bis 2003 leitete sie den einflussreichen Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht, ehe sie 2003 in ihre Heimat zurückkehrte und zur obersten Kontrolleurin der Geldinstitute avancierte. "Sie war immer davon überzeugt, dass Regulierung wichtig ist", sagen Kollegen. "Und sie schwört auf Kontrolle vor Ort, in den Banken stehen die Manager vor ihr stramm."

Ihr Job beginnt eigentlich erst im November 2014, wenn die gemeinsame Bankenaufsicht für den Euro-Raum sowie die EU-Mitgliedstaaten, die sich freiwillig angeschlossen haben, die Arbeit aufnimmt. Rund 130 Großinstitute werden dann von Nouy und ihren gut 2000 Mitarbeitern überwacht. In Deutschland stehen künftig folgende Häuser mit Jahresumsätzen über 30 Milliarden Euro unter ihrer Beobachtung: Deutsche Bank, Commerzbank, Deka-Bank (Sparkassen), DZ-Bank (Volksbanken), IKB Deutsche Industriebank, SEB und WGZ-Bank. Dass die Finanzminister die neue Institution bei der EZB angesiedelt haben, hält die Französin für einen großen Vorteil: "Das gibt ihr mehr Macht. Außerdem können Fachwissen und Informationen leichter ausgetauscht werden." Die Sorgen der deutschen Finanzexperten, die eine Vermischung von Währungspolitik und Bankenaufsicht befürchten, teilt Nouy nicht: "Das liegt vielleicht daran, dass mich die Erfahrung mit dem französischen System beeinflusst hat. Dort ist die Bankenaufsicht bei der Zentralbank angesiedelt."

Sie wird eine strenge Aufseherin sein, das scheint klar. Mit eiserner Hand habe sie die französische Kontrollbehörde geführt, heißt es. Dies sei, so hört man in Paris, ein Grund dafür, dass die frankophonen Institute mit Ausnahme der Dexia die Krise vergleichsweise stabil und verlustfrei überstanden. In Frankfurt kann sie aber noch mehr durchgreifen, denn die Mitgliedstaaten haben die Aufsicht mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet. So dürfen die Nouy-Mitarbeiter nicht nur alle Bücher und verdeckten Depots einsehen, sondern auch in die Geschäftstätigkeit eines Hauses eingreifen und sogar Manager entlassen, wenn die auf Ratschläge der Aufseher nicht reagieren.

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