Die Sieger von Marktoberdorf

Saarbrücken · Als erster deutscher Chor hat der Saarbrücker Kammerchor unter Leitung von Georg Grün 2013 den renommierten Kammerchorwettbewerb in Marktoberdorf gewonnen. Was ist er für ein Ensemble? Und was macht ihn so erfolgreich?

Jede Disziplin kürt ihre Sieger. Was dem Triathleten Jan Frodeno der Olympiasieg, den Spitzenköchen Klaus Erfort und Christian Bau die Michelin-Sterne sind, ist für einen Chor der erste Platz beim Internationalen Kammerchorwettbewerb in Marktoberdorf, einem kleinen Ort im Allgäu. Der Saarbrücker Kammerchor unter der Leitung von Georg Grün musste sich nicht mehr bewerben, er wurde geladen und sang klassische Avantgarde, Györgi Ligeti und Heinz Holliger. Als wagemutig wurde dieser Angriff auf des Hörers Ohr von Kollegen wahrgenommen, für Georg Grün ist die Auseinandersetzung mit Zeitgenössischem normal. Die Leistung überzeugte. Der erste Preis des seit 1989 stattfindenden Wettbewerbs wurde 2013 zwei Mal vergeben, an den Chor der Universität Houston in Texas und den Saarbrücker Kammerchor - erstmalig an einen deutschen Chor.

Der Saarbrücker Kammerchor ist Wettbewerbserfolge gewöhnt, ob in Arezzo oder Tolosa - der Chor misst sich gerne an anderen, will wissen, wo er steht, nimmt Wettbewerbe als sportlichen Anreiz, oder, wie Grün sagt: "Das Ziel ist erreicht, wenn der Chor nach dem Wettbewerb besser ist als vorher." Sich auf dem Lorbeer auszuruhen, widerspräche dem Selbstverständnis des Chors. Für Grün ebneten die Erfolge seiner intensiven Chorarbeit den Weg zur Professur an der Musikhochschule, als Dirigent eines singenden Klangkörpers kann er seine musikalischen Vorstellungen verwirklichen.

Aber was treibt die Mitglieder seiner Hochleistungstruppe an, sich immer wieder den Freuden und Strapazen der Probenarbeit auszusetzen? Kurz gesagt, ist es der hohe Anspruch. Es ist ein Geben und Nehmen. Georg Grün verlangt viel, und seine Sängerinnen und Sänger sind froh darüber, denn auch ihnen geht es um das Erreichen einer besonderen Qualität. Die Chormitglieder haben "normale" Berufe, sind Lehrer oder Arzt, aber, betont Grün, der Großteil fände auch in Profichören seinen Platz.

Stefan Paul, Bass und Lehrer aus Lebach, schildert, wie er vom Kirchenchor über den Unichor zum Kammerchor kam und sich zum ersten Mal mit einer Partitur zu Hause hinsetzte und übte. Der Kammerchor feiert in zwei Jahren 25-jähriges Bestehen, Paul ist fast von Beginn an dabei. Anette Voigt, ein neues Mitglied, war Solobratscherin in Potsdam und ist nach einem Berufswechsel glücklich darüber, im Chor Musikerin sein zu können. Beide haben in Georg Grün jemanden gefunden, der das Beste aus ihnen herausholt und auf das Beste anderer Künstlerpersönlichkeiten abzustimmen weiß. Grün braucht "intelligente Sänger", Stimm-Perfektion reicht nicht. Seine Kunst kann nur mit Menschen stattfinden, die zuhören, den Ensembleklang über ihr Ego stellen.

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