Die Saar-Lor-Lux-Prophezeiung

Die Saar-Lor-Lux-Prophezeiung Zu den erstaunlichsten Ergebnissen einer vor der Landtagswahl im Auftrag des Wochenmagazins "Forum" erstellten Forsa-Umfrage gehörte das überwältigende Votum der Befragten für eine stärkere Einbindung des Saarlandes in die Saar-Lor-Lux-Region

Die Saar-Lor-Lux-Prophezeiung

Zu den erstaunlichsten Ergebnissen einer vor der Landtagswahl im Auftrag des Wochenmagazins "Forum" erstellten Forsa-Umfrage gehörte das überwältigende Votum der Befragten für eine stärkere Einbindung des Saarlandes in die Saar-Lor-Lux-Region. 70 Prozent setzen demnach darauf, dass dies Vorteile brächte. Welche dies wären, versäumte man abzufragen. Gleichwohl zeigt dies ein, wenn auch unspezifisches, Stimmungsbild. Vordergründig scheint es jene Lügen zu strafen, die in der Großregion bis dato nur eine Chimäre denn ein funktionierendes sozio-politisches Gebilde sehen. Sollte die europäische Kernregion, der man in politischen Sonntagsreden seit Jahren die hübschesten Luftschlösser baut, am Ende also tatsächlich etwas sein, worauf sich bauen lässt? Und nicht nur eine ewige Behauptung.

Fast könnte man unter diesen Vorzeichen versucht sein, die Debatte um eine mögliche Länderneuordnung, die sich bislang - womöglich, um sie leichter im Keim zu ersticken - immer auf den selbst hochverschuldeten Erzrivalen Rheinland-Pfalz (derzeit mit 34 Milliarden Euro) kaprizierte, um ein Gedankenspiel ganz anderer Art zu erweitern. Würde das Saarland, wenn schon, dann nicht besser mit Luxemburg fusionieren? Das Großherzogtum, mit 2586 km² nur 18 km² größer, würde sich dem Umfang nach verdoppeln und wäre als Zwergenstaat wohl alleine schon deshalb nicht abgeneigt. Auch könnte man das Saarland samt seiner 12,4 Milliarden Euro Schulden mit einem Griff in die Portokasse auslösen. Eine ganz andere, verfassungsrechtliche Frage wäre, ob und wie man sich aus dem deutschen Staatsgebilde herauslösen könnte. Tatsächlich - kein Scherz - sollen vor Jahren mit Luxemburg entsprechende geheime Sondierungsgespräche geführt worden sein, die im Sand verliefen, wurde hinter vorgehaltener, erster Hand gelegentlich aus der Staatskanzlei kolportiert.

Saar-Lor-Lux aber lebt nicht nur von saarländisch-luxemburgischen Kooperation. Spätestens, wenn die französische Seite ins Spiel kommt, wird man einer anderen Saar-Lor-Lux-Realität gewahr. Dort nämlich stößt das wohlfeile grenzüberschreitende Gerede ganz wörtlich an seine Grenzen. Die der Sprache. Der französische Historiker Pierre Nora hat unlängst in einem FAZ-Interview den Finger in diese Wunde gelegt, als er bilanzierte, die deutsch-französische Realität sei "durch wachsende Kommunikationsschwierigkeiten" geprägt. Ohne sprachliche Annäherung könne man Nähe "nicht verstärken und nicht einmal ernsthaft angehen". Wie wahr. Gegenwärtig zeichnet sich Nora zufolge im Zeichen einer Renationalisierung aller europäischen Kultur denn auch eher ein Wille zur Abgrenzung ab.

Dass (neben dem französischen Zentralismus) Sprachbarrieren das Zusammenwachsen des Saar-Lor-Lux-Raumes behindern, ist evident. Beginnend in Schlüsselpositionen von Politik und Medien. Der langjährige saarländische MP Peter Müller etwa war, obschon er (wie nun Annegret Kramp-Karrenbauer) als deutsch-französischer Kulturbeauftragter des Bundes unterwegs war, nicht eben frankophil. Seine Nachfolgerin soll dies dem Vernehmen nach eher sein. Abzuwarten bleibt, ob sie die Vertiefung des Projekts Saar-Lor-Lux auch als eine Kernaufgabe ihrer Regierungszeit begreifen wird. Bislang funktioniert die Großregion nur als Konsumgemeinschaft - nicht aber sozial. Soll das so bleiben?

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