Die Regie-Kunst holt ihn zurück

Saarbrücken. Captain Concasseur in Greenes "Stunde der Komödianten" ist für Klaus Müller-Beck ein Routine-Job. Für den Chef der Geheimpolizei im korrupten Haiti der fünfziger Jahre packt Klaus Müller-Beck nicht das psychologische Sezier-Besteck aus. Schließlich stehe die Figur für ein Prinzip, meint er, für das Gefährliche in einer Diktatur

 Klaus Müller-Beck spielt in den "Komödianten" einen Geheimdienst-Chef. Foto: Dietze

Klaus Müller-Beck spielt in den "Komödianten" einen Geheimdienst-Chef. Foto: Dietze

Saarbrücken. Captain Concasseur in Greenes "Stunde der Komödianten" ist für Klaus Müller-Beck ein Routine-Job. Für den Chef der Geheimpolizei im korrupten Haiti der fünfziger Jahre packt Klaus Müller-Beck nicht das psychologische Sezier-Besteck aus. Schließlich stehe die Figur für ein Prinzip, meint er, für das Gefährliche in einer Diktatur. Dafür müsse er nichts Fremdes "in sich reinholen", sondern nur das, was in ihm selbst spürbar sei, "zulassen". Das sagt einer mit wirklich netten Grübchen in den Wangen. Und erklärt es: "Das Böse war in diesem Regime Alltag. So lebte man eben unter Papa Doc, man war abgestumpft."Müller-Beck hat sich verändert, seit man ihn 2002 als formidablen Stockmann im "Volksfeind" sah. 2006 verließ er das Saarbrücker Haus. Er ist massiger geworden: ein Riese mit kurz geschorenem Kopf, wie gemacht für das Bösewichter-Rollenfach. Dabei besitzt Müller-Beck ein ausgesprochen komisches Talent, wie seine Engagements an Boulevard-Bühnen in Frankfurt oder Berlin beweisen. Auch seine erste Rolle in Saarbrücken, 2001, war ein selten erfolgreiches Husarenstück des Lachtheaters: "Außer Kontrolle". "Neunzig Mal habe ich mit Hans-Georg Körbel verschwitzt aneinander gehangen", erinnert sich Müller-Beck. Außer Körbel trifft er von den ehemaligen Kollegen nur noch Gabriela Krestan, Marcel Bausch und Christiane Motter im Ensemble - da wurde Einiges umgewälzt, seit Intendant Kurt-Josef Schildknecht das Haus verließ. Fast zeitgleich ging Müller-Beck nach Würzburg, er wollte seiner Frau und den vier Kindern näher rücken. Jedenfalls war der Wechsel kein Protest-Akt gegen das Spar-Programm am SST. Müller-Beck hat sich, wie er sagt, aus der großen Empörung damals rausgehalten. Was bringt ihn zurück? Dagmar Schlingmann und Christoph Diem. Müller-Beck ist Fan, lobt den "motivierenden" Regie-Stil der beiden und wird - umgekehrt - wohl ebenfalls geschätzt. Bei Schlingmann hat er 2005 in der "Wildente" gespielt, kennt auch ihren Saarbrücker "Faust". In Diems Würzburger Gast-Inszenierung "Die Katze auf dem heißen Blechdach" war er als "Big Daddy" besetzt. In Saarbrücken hat er sich dann fast alles von Diem angeschaut, unter anderem "Endstation Sehnsucht". "Diem findet für die großen Erzählstoffe eine ganz eigene Ästhetik, die immer was Schräges hat, und trotzdem wird die Geschichte erzählt", meint Müller-Beck, der ohne Ansprüche im Gepäck anreist. Lieblings-Rollen oder bevorzugte Autoren kennt er nicht. Für den gebürtigen Wiener, der in Dortmund und in Bayern aufwuchs und in Bamberg sein erstes Engagement hatte, wäre Schnitzler mal ganz schön oder auch ein Tschechov, der bisher an ihm vorbei ging. Müller-Beck hat was übrig für sperrige Regie-Handschriften: "Durch das Theater sollte ein inneres Unruhigwerden ausgelöst werden", sagt er. Deshalb möge er die Saarbrücker "Geschichten aus dem Wiener Wald" sehr und wundere sich, dass das kein Publikums-Renner sei. "Es ist schade, wenn die Menschen immer nur fragen: Was will ich von der Inszenierung und nicht: Was will die Inszenierung von mir? Wenn ich in Ruhe gelassen werden will, bin ich im Theater fehl am Platz", erklärt er.

Am Sonntag sieht man ihn in einer Nebenrolle. Auch im "Revisor" - Premiere ist Ende Januar - wird Müller-Beck noch keine tragende Figur spielen. Wann kommt der "Hoppla-hier-bin-ich-wieder"-Auftritt? Stück und Stunde kennt nur die Intendantin.

Uraufführung: 4. 11., Alte Feuerwache, Karten: (0681) 3092 486

Hintergrund

Für Regisseur Christoph Diem ist der ausladende, handlungsreiche Roman des britischen Erfolgsautors Graham Greene (1904-1991), den er für die Bühne auf eine Fünf-Figuren-Konstellation eingedampft hat, "ein Stück Cool Jazz". "Die Stunde der Komödianten" (1966) spielt Ende der 50er Jahre auf Haiti, in der von den USA gestützten Schreckensherrschaft von "Papa Doc". Diem möchte die Spannung zwischen grotesken Elementen und tragischer Zuspitzung herausarbeiten. "Es ist frappant, wie das Beschriebene und die Beschreibungsform auseinanderklaffen", sagt er. "Greene schildert uns einen verrotteten Drecksstaat in geschliffenen, eleganten Dialogen." Der Roman wurde 1967 mit Alec Guinness, Liz Taylor und Richard Burton verfilmt. Das Drehbuch schrieb Greene selbst. ce

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