Die Politik und das Private

Saarbrücken. Wahrheit ist immer das, was man von ihr weiß. Schon die erste Szene von "Fair Game", in der Freunde über politische Fragen streiten, zeigt, worum es Regisseur Doug Liman geht: um das Verständnis von Politik, das sich verändert, je tiefer der persönliche Einblick ist

Saarbrücken. Wahrheit ist immer das, was man von ihr weiß. Schon die erste Szene von "Fair Game", in der Freunde über politische Fragen streiten, zeigt, worum es Regisseur Doug Liman geht: um das Verständnis von Politik, das sich verändert, je tiefer der persönliche Einblick ist. In einer geselligen Runde schweigen Joseph Wilson (Sean Penn) und seine Frau Valerie Plame (Naomi Watts) wissend, wenn es um die Frage geht, ob Saddam Hussein eine Bedrohung für Amerika darstellt. Denn Valerie führt ein Doppelleben: Neben ihrer bürgerlichen Existenz als Anlageberaterin ist sie eine der Topagentinnen der CIA, zurzeit mit der Suche nach Saddams Massenvernichtungswaffen beschäftigt. Ihr Mann Joseph weiß, dass es die wahrscheinlich gar nicht gibt.

Wilson und Plame sind reale Personen der US-Zeitgeschichte und bei uns nahezu unbekannt. Wilson wurde als Ex-Botschafter beauftragt, im afrikanischen Niger nachzuforschen, ob der Irak dort Uranvorräte erworben habe. Das Ergebnis dieser Recherchen war eindeutig negativ. Dennoch wurde Wilson von Regierungssprechern als Quelle zitiert, um dem Irak den Krieg zu erklären.

Als er mit seinen Erkenntnissen an die Öffentlichkeit ging, wurde seine Frau von Kollegen enttarnt, entlassen und schließlich als Verräterin verunglimpft. Im Gegensatz zu ihrem Mann entschloss sie sich, zu schweigen. Ein Konflikt, an dem die Ehe der beiden zu scheitern drohte. Bis sich beide füreinander und für eine öffentliche Diskussion entschieden.

Das Ergebnis waren zwei Bücher: "The Politics of Truth" von Joseph Wilson und "The Fair Game" von Valerie Plame. Doch weil die CIA jedem Detail dieser Bücher vor der Veröffentlichung zustimmen musste und dadurch manches unter den Tisch fiel, beruht Limans Film mehr auf den Erzählungen des Ehepaars und damit auf einer hoch plausiblen Wahrscheinlichkeit. In den erfundenen Details steckt ein Großteil der Wahrheit.

Heute wissen wir, dass es keine Massenvernichtungswaffen und somit keinen Kriegsgrund im Irak gab. Die Bilder von Saddam Hussein im Erdloch und von der Hinrichtung verdrängten den politischen Skandal im öffentlichen Bewusstsein. Regisseur Liman vermeidet jede technische Übertreibung und inszeniert auf ein Ziel hin: die glaubwürdige Darstellung politischer Prozesse und deren Auswirkungen auf das persönliche Leben. Dadurch, dass er den politischen Skandal auf der privaten Ebene aushandelt, steigert er die Aussagekraft seines überzeugenden Films. epd

Ab morgen im Cinestar (Sb) und im Passage 2 (Sb).

Auf einen Blick

Die anderen neuen Filme: Der 2010er Ophüls-Film "South", ein schwarzweißer, verschlungener Krimi, läuft im Saarbrücker Filmhaus. Sehenswert ist auch die US-Komödie "Cyrus" (Cinestar, Sb) um ödipale Verwicklungen sowie der argentinische Film "In ihren Augen" (Camera Zwo, Sb): Vordergründig geht es um einen Richter, den ein 25 Jahre alter Fall nicht los lässt; im Hintergrund aber spielt sich ein Drama um Erinnerungen und verpasste Chancen im Leben ab.

Tilda Swinton spielt die Hauptrolle in "I am love" (Camera Zwo, Sb): eine Russin, die in ein Mode-Imperium einheiratet. Ein Film der edel gefilmten Kostüme und Familienkonflikte. Im Cinestar (Sb) startet die deutsche Komödie "Bon Appétit" mit Nora Tschirner in Klischee-Liebeswirren in einer Zürcher Nobel-Küche - filmische Hausmannskost. red

Termine und Kritiken morgen im treffregion.

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