"Die Kleinsten sind meist machtlos"

Warum haben Sie sich für ihr erstes Buch "Tote Maus für Papas Leben" gleich so ein schweres Thema wie Sterben und Angst vor dem Verlust einer geliebten Person ausgesucht?Hof: Es ist ja nicht so, dass ich mir Themen bewusst aussuche. Bei jedem meiner Bücher steht am Anfang eine Frage. Ich lasse mir anregen, zum Beispiel auch beim Fernsehen

Warum haben Sie sich für ihr erstes Buch "Tote Maus für Papas Leben" gleich so ein schweres Thema wie Sterben und Angst vor dem Verlust einer geliebten Person ausgesucht?

Hof: Es ist ja nicht so, dass ich mir Themen bewusst aussuche. Bei jedem meiner Bücher steht am Anfang eine Frage. Ich lasse mir anregen, zum Beispiel auch beim Fernsehen. Da hatte ich eine Sendung mit einem Bergsteiger gesehen, in der er von seinen gefährlichen Touren erzählte. Neben ihm saß sein kleiner Sohn. Und ich dachte, wie muss der sich dabei fühlen? Oder wenn niederländische Soldaten gezeigt werden, die man nach Bosnien schickt und die ja wohl auch Kinder haben, denke ich, was geht in deren Köpfen vor? Kinder sind ja meist machtlos, dem unterworfen, was Erwachsene tun. Die entscheiden für sie mit und über sie hinweg. Ich habe mich als Kind auch oft so hilflos gefühlt. Außerdem ist "Tote Maus" eigentlich gar nicht mein erstes Buch - ich hatte zuvor schon für Schulbuchverlage geschrieben.

Was war überhaupt der Anstoß für Sie, Autorin zu werden?

Hof: 20 Jahre lang war ich Bibliothekarin in Wormeveer, 20 Kilometer nördlich von Amsterdam, wo ich heute noch wohne. Geschrieben habe ich eigentlich immer schon, aber mir fehlte Selbstbewusstsein. Als ich meine Geschichten dann einigen Leuten zeigte, meinten sie, die wären gut. 1996 erschien meine erste Geschichte in einer Anthologie, danach wurde ich gefragt, Bücher zu schreiben und konnte bald in meiner Bibliothek meine eigenen Werke verleihen. Das war witzig.

Mit welchen Themen befassen Sie sich noch in Ihren Büchern?

Hof: Ich habe Bilderbücher gemacht, dann "The Crossing" - da geht es um ein Mädchen, deren Mutter ständig andere Freunde hat, die das Mädchen nicht leiden kann. Einen aber, einen Isländer, den mag sie. Doch auch von dem trennt sich die Mutter wieder, und das Mädchen muss überlegen, was zu tun ist. Viele Kinder sind ja in einer ähnlichen Situation. In einem anderen meiner Bücher "Mother No. Zero" geht es um Adoption. Ich bin ja selber ein adoptiertes Kind, da floss etwas Erfahrung mit ein. Bei diesen Büchern sind die deutschen Rechte schon verkauft.

Ihr Buch "Tote Maus" klingt sehr authentisch: Kikis Mischung aus Unschuld und Eigensinn, die dem Vater mit unmöglichen Methoden beistehen will, überzeugt. Wie gelingt das beim Schreiben?

Hof: Man muss sich ganz in jemand anderen hineinversetzen können, das ist unbedingt notwendig. Das hat nichts mit dem Alter zu tun. Man muss sich auch in Fantastisches reindenken. Zum Beispiel habe ich mal über ein Mädchen geschrieben, das unbedingt ein Rhinozeros sein wollte. Auch das muss man völlig nachfühlen können.

Auch bei ernsten Themen humorvoll bleiben - ist das schwierig?

Hof: Das ist eben so meine Art. 53 Jahre bin ich jetzt alt, mein Gehirn hat schon immer so funktioniert, dass ich immer irgendwo auch etwas Positives sehe. So ist ja auch das Leben, für mich ist nie etwas nur komplett schwarz oder weiß. "Tote Maus" ist wahrscheinlich auch deshalb berührend, weil ich es nicht nur "dunkel" gemacht habe. Der Vater ist zwar in Gefahr, aber in Kikis Leben gibt es auch Komisches.

Hatten sie als Kind auch den Wunsch, die Wirklichkeit zurechtzubiegen?

Hof: Klar, das kennt doch sicher jedes Kind, mit kleinen Fantasiespielchen: Wenn die Ampel drei mal grün geworden ist, dann muss der Bus kommen - und so weiter. Manche Erwachsenen haben das vergessen. Eltern sollten mit Kindern über alles reden, denn Unwissen ist für Kinder das Erschreckende. Dann kommt die Fantasie zum Zug und füllt alles mit schlimmen Bildern.

Marjolijn Hof: Tote Maus für Papas Leben. Bloomsbury, 9,90 Euro. Lesung: Freitag, 15. Mai, 10.15 und 12.15 Uhr; Schloss, Zi. 1

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