Die große Jagd durchs kalte Paris: Melvilles letztes Werk auf DVD

Saarbrücken. So frostig haben Paris und Alain Delon nicht einmal in "Der eiskalte Engel" ausgesehen, Jean-Pierre Melvilles prägendstem Werk

Saarbrücken. So frostig haben Paris und Alain Delon nicht einmal in "Der eiskalte Engel" ausgesehen, Jean-Pierre Melvilles prägendstem Werk. "Der Chef" (der im Original weniger reißerisch schlicht "Un flic" heißt) ist der letzte Film des Franzosen (1917-1973) und nicht der beste, aber er fasst noch einmal Melvilles Lieblingsthemen zusammen: Freundschaft, Loyalität, Verrat, Isolation und eine filmische Stilisierung, die mit Realismus im strengen Sinn nichts am Hut hat. Delon spielt einen Polizisten (so erkaltet, dass er den wenig subtilen Rollennamen Coleman trägt), der einer Räuberbande auf der Spur ist. Was Coleman nicht weiß: Kopf der Bande ist ein befreundeter Nachtclubbesitzer, der zudem dieselbe Frau liebt wie er (Catherine Deneuve).Melville nutzt diese Konstellation nicht für eine melodramatische Dreiecksgeschichte, sondern für eine tief pessimistische Studie über Misstrauen, brüchige und bröckelnde Beziehungen. Eingerahmt wird der Film von zwei Überfall-Sequenzen: einer meisterlichen in einer verregneten Bank an der Küste, wo der Sturm tobt und die Gangster in melvilletypischen Trenchcoats zur Arbeit gehen; und einem verblüffend schlecht getricksten Zugraub mit (Modell-)Helikopter, über den das Publikum wohl schon 1972 kicherte. Auch darüber wird gesprochen im einzigen DVD-Extra, einer 24-minütigen Nachbetrachtung von 2004 mit letzten Bildern Melvilles am Drehort. tok

Erschienen bei Studiocanal.

 In der Limousine dem Feind auf der Spur: Alain Delon in Melvilles "Der Chef". Foto: Arthaus

In der Limousine dem Feind auf der Spur: Alain Delon in Melvilles "Der Chef". Foto: Arthaus

Foto: Arthaus

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