Die ganze Welt ist ein Grab, geizt aber nicht mit schönen Arien

Saarbrücken. 1865 sollte in Dresden die Uraufführung seiner dreiaktigen Oper sein: Dann starb unerwartet der für die Hauptrolle vorgesehene Wagner-Tenor Ludwig Schnorr von Carolsfeld, und Théodore Gouvy (1819-1898) zog sein Werk "Der Cid" zurück. Die Noten blieben unveröffentlicht und ruhten im lothringischen Hombourg-Haut

Saarbrücken. 1865 sollte in Dresden die Uraufführung seiner dreiaktigen Oper sein: Dann starb unerwartet der für die Hauptrolle vorgesehene Wagner-Tenor Ludwig Schnorr von Carolsfeld, und Théodore Gouvy (1819-1898) zog sein Werk "Der Cid" zurück. Die Noten blieben unveröffentlicht und ruhten im lothringischen Hombourg-Haut. Dort widmet sich das Institut Théodore Gouvy dem Oeuvre des Komponisten aus Goffontaine (heute Saarbrücken-Schafbrücke), der Zeit seines Lebens im wachsenden Nationalismus jener Epoche zwischen Deutschland und Frankreich hin- und hergerissen wurde.Mit Unterstützung der französischen Kulturförderung hat das Institut jüngst eine komplette Partiturausgabe erstellt. Mit fast 150 Jahren Verspätung wird nun am Freitag Gouvys "Cid" (Text: Moritz Hartmann nach Pierre Corneille) im Staatstheater (SST) seine Premiere erleben. Die ganze Welt ist ein Grab, so könnte das Motto der martialischen Oper über den legendären spanischen Heerführer lauten: Längliche Holzkisten nehmen im kalten Probenlicht die schräge SST-Bühnenebene in Beschlag, es sind Armeesärge. In den Arien wird gelitten und gewütet, es geht um Liebe, Hass, Feind, Ehre und Macht. Fast ein wenig befremdlich wirken da die beinahe ohrwürmigen Weisen und die vom Dirigenten Arthur Fagen flink genommenen marschähnlichen Rhythmen.

Gouvys Musik klingt frühromantisch und konventionell. "Man merkt, dass er am Anfang seiner Karriere stand", erklärt Fagen im Gespräch, "er hat seinen Stil später entwickelt". Viele Einflüsse querbeet kann der Musikchef der Oper im amerikanischen Atlanta dingfest machen: Weber, Bizets "Perlenfischer" und Beethovens "Fidelio", der geradezu wörtlich zitiert werde. Er sei beim SST kurzfristig als Ersatz eingesprungen, so Fagen, und habe Gouvy noch vor drei Monaten kaum gekannt. Trotz epigonaler Züge und mancher Schwächen der Orchestrierung gerät er ins Schwärmen: Die Oper sei "sehr inspiriert und einfallsreich". Fagen lobt die "Frische der Melodien"; es gebe vier wunderschöne Arien, geradezu "Hit-Nummern". Gouvy schwanke zwischen französisch timbrierten Arien und der Farbe deutscher Orchesterlieder. Hinsichtlich des Inhalts zeigt sich Fagen freilich hilflos: "Gouvy schildert eine Moralität, die ich nicht verstehen kann; er bewertet den militärischen Aspekt nicht." Die Regie (Jetske Mijnssen) versuche nun zu zeigen, dass "irgend etwas schief läuft in der Welt", wenn Ambitionen und Ehrgeiz zu Mord und Totschlag führen. uhr

Uraufführung am Freitag um 19.30 Uhr im Großen Haus.

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