Die Einkommensschere öffnet sich

Paris. Die positive Entwicklung des deutschen Arbeitsmarkts wird von wachsender Ungleichheit bei den Einkommen überschattet. Wegen der erheblich zurückgegangenen Tarifbindungen seien die Lohnunterschiede gestiegen, heißt es in der jüngsten Arbeitsmarktanalyse der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)

Paris. Die positive Entwicklung des deutschen Arbeitsmarkts wird von wachsender Ungleichheit bei den Einkommen überschattet. Wegen der erheblich zurückgegangenen Tarifbindungen seien die Lohnunterschiede gestiegen, heißt es in der jüngsten Arbeitsmarktanalyse der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Mini-Job-Verträge und die nachlassende Organisation von Arbeitgebern in Verbänden begünstigten die Entwicklung.Gleichzeitig loben die OECD-Experten die deutschen Erfolge im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit. In kaum einem Industrieland sank sie demnach in den vergangenen fünf Jahren so sehr wie in der Bundesrepublik. Bis Ende 2013 wird ein weiterer Rückgang der Quote auf 5,2 Prozent erwartet. Im Mai lag sie nach dem Standard der UN-Arbeitsorganisation ILO bei 5,6 Prozent - vor der Wirtschafts- und Finanzkrise waren es noch 8,4 Prozent.

Deutschland gehört damit weiter zu den großen Ausnahmeerscheinungen unter den großen EU-Volkswirtschaften. In Ländern wie Frankreich, Italien und Spanien stieg die Arbeitslosigkeit zuletzt stark an und die Prognosen bleiben düster. Bis 2013 sei in der Eurogruppe insgesamt mit einem weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit zu rechnen, teilte die OECD mit. Im Mai sei mit einer Quote von 11,1 Prozent ein neues Allzeithoch erreicht worden, im ersten Quartal waren es noch 10,9 Prozent. In Spanien ist nach OECD-Angaben mittlerweile rund jeder vierte Erwerbsfähige ohne Job (24,6 Prozent nach 23,8 im ersten Quartal).

Handlungsbedarf in Deutschland sieht die OECD vorrangig bei der Langzeitarbeitslosigkeit. Fast die Hälfte der Arbeitslosen seien länger als ein Jahr ohne Job, der Großteil dieser Gruppe sogar länger als zwei Jahre, betonen die Experten. Im OECD-Raum liege der Anteil der Langzeitarbeitslosigkeit im Schnitt bei 35 Prozent. Nur 40 Prozent der Langzeitarbeitslosen in Deutschland schaffen es, einen neuen Job zu finden. Diese Quote liegt unter dem OECD-Schnitt.

"Nur durch steigende öffentliche Ausgaben in Qualifizierung und Weiterbildung kann die hohe Zahl der Langzeitarbeitslosen verringert werden", kommentierte Claus Matecki vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Zudem mahnte er an, sich der Einkommensunterschiede anzunehmen. Unternehmen müssten Tarifverträge abschließen, einhalten und prekäre Jobs in gute Arbeit umwandeln. dpa

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