Die Bahn soll Strom transportieren

Berlin. Da sind sich Regierung und Opposition ausnahmsweise mal einig: Nach dem Atomausstieg hängt der Erfolg der Energiewende der Bundesregierung sehr stark vom Netzausbau ab. Doch der geht wegen lokaler Widerstände und langer Planungszeiten viel zu schleppend voran, wie Experten beklagen. Es häufen sich Meldungen von prekären Versorgungslagen beim Strom wie zuletzt aus Bayern

Berlin. Da sind sich Regierung und Opposition ausnahmsweise mal einig: Nach dem Atomausstieg hängt der Erfolg der Energiewende der Bundesregierung sehr stark vom Netzausbau ab. Doch der geht wegen lokaler Widerstände und langer Planungszeiten viel zu schleppend voran, wie Experten beklagen. Es häufen sich Meldungen von prekären Versorgungslagen beim Strom wie zuletzt aus Bayern. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) drückt deshalb aufs Tempo: Die Bahn soll nach dem Willen des Ministers über ihr Netz den Transport des Stroms im großen Stil übernehmen. Dies, so glaubt Ramsauer, würde den Bedarf für neue Trassen und damit zusätzliche Eingriffe in die Landschaft verringern.In der nächsten Woche wird Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit Vertretern der Energiewirtschaft zusammenkommen, um den Fortgang bei der Energiewende zu besprechen. Dann wird es auch um den Netzausbau gehen. Nun mischt sich Ramsauer in die Debatte ein: "Wir brauchen neben neuen regenerativen Energiequellen auch neue Stromtrassen, um unsere Energieversorgung von Atomkraft unabhängig zu machen", so der Minister zu unserer Zeitung. Nach Angaben der Deutschen Energieagentur liegt der Netzausbau-Bedarf bei rund 4000 Kilometern neuer Leitungen bis 2020 - im Wesentlichen, um Windstrom von Norden nach Süden und Westen zu transportieren, wo die industriellen und privaten Verbraucher sind. Die möglichen Gesamtkosten belaufen sich auf bis zu 40 Milliarden Euro. Die Umsetzung ist also teuer, langwierig und trifft vor allem häufig auf unwillige Anwohner. Deshalb verweist Ramsauer auf die Bahn: "Die Deutsche Bahn verfügt über das einzige flächendeckende Stromnetz in unserem Land." Schon jetzt, so der Minister, würden einzelne Bahntrassen von örtlichen Energieversorgern mitgenutzt.

Die Bahn betreibt ein Energienetz in einer Länge von 7750 Kilometern, darunter zwei durchgängige Leitungen, die Nord- und Süddeutschland miteinander verbinden. Doch die Sache hat einen Haken. Das Stromnetz des Konzerns wird mit 110 Kilovolt und 16,7 Herz betrieben, also einem Drittel der üblichen Frequenz. Fraglich ist somit, ob es für Übertragungsleitungsverbindungen der allgemeinen 50 Herz-Versorgung genutzt werden kann. Außerdem ist es derzeit vorrangig ein Verteiler- und Ausgleichsnetz. Das heißt, der Strom kann bisher noch nicht über lange Distanzen transportiert werden.

Die Bundesnetzagentur hat daher jetzt eine Machbarkeitsstudie bei der Universität Hannover in Auftrag gegeben, die Aufschluss geben soll, inwieweit das DB-Netz für den groß angelegten Transport von Strom geeignet ist und wie eventuell die Infrastruktur dafür verändert werden müsste. Auch um die Kosten soll es dabei gehen. Eine Sprecherin der Agentur kündigte gestern gegenüber unserer Zeitung an, dass die Ergebnisse des Gutachtens Ende April vorliegen werden. Ramsauer erhofft sich von der Studie Rückenwind für seinen Plan. Bei der Bahn bewertet man die Absicht des Ministers positiv. "Wir unterstützen das Vorhaben und sehen die Notwendigkeit", sagte ein Sprecher auf Anfrage.Foto: Kappeler/dpa

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