"Deutschland bleibt Anker für Wachstum in Europa"

Berlin. Im Januar 2011 hatte noch der damalige Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle die frohe Botschaft des Jahreswirtschaftsberichts verkündet. Von XXL-Aufschwung war die Rede und von deutschen "Siebenmeilen-Stiefeln". Brüderles Amtsnachfolger Philipp Rösler (beide FDP) musste sich gestern bescheiden

Berlin. Im Januar 2011 hatte noch der damalige Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle die frohe Botschaft des Jahreswirtschaftsberichts verkündet. Von XXL-Aufschwung war die Rede und von deutschen "Siebenmeilen-Stiefeln". Brüderles Amtsnachfolger Philipp Rösler (beide FDP) musste sich gestern bescheiden. Schließlich ist dem deutschen Wirtschaftswunder etwas die Puste ausgegangen. Nach einem überraschend starken Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts von drei Prozent in 2011 rechnet die Bundesregierung für das laufende Jahr nur noch mit einem Plus von 0,7 Prozent. Ursprünglich war sie von einem Prozent ausgegangen. Damit bleibe Deutschland aber immer noch der "Anker für Stabilität und Wachstum in Europa", verkündete Rösler bei der Vorstellung der aktuellen Prognose.Die Ernüchterung hatte sich schon im letzten Quartal 2011 angedeutet. Da war die Wirtschaft um 0,3 Prozent geschrumpft. Prompt machte der Begriff Rezession die Runde. Davon sprechen Experten, wenn die Summe der produzierten Waren und Dienstleistungen in zwei aufeinander folgenden Quartalen ein Minus aufweist. Gestern machte sich auch die Weltbank das düstere Wort zu Eigen. Sie reduzierte ihre Prognose für den gesamten Euro-Währungsraum drastisch von 1,8 auf minus 0,3 Prozent. Dabei könnte Deutschland aber noch mit einem blauen Auge davon kommen. Denn die führenden Industrieländer, zu denen auch Frankreich, die USA und Japan gehören, haben nach Einschätzung der Bankexperten etwas bessere Karten.

So sieht es auch Rösler. Man erwarte "zunächst eine temporäre konjunkturelle Schwächephase". Von Januar bis März lege die deutsche Wirtschaft wohl nur um 0,1 Prozent zu. Im weiteren Jahresverlauf werde sie wieder zu höherem Wachstum zurückfinden, so der Minister. Unterstellt sind dabei zwei optimistische Grundannahmen: Zum einen müsse die Lösung der europäischen Schuldenkrise vorankommen und zum anderen die Verunsicherung an den Märkten schwinden.

Nach den Prognosen dürften die Verbraucher kaum etwas davon spüren. "Die Erfolgsgeschichte am Arbeitsmarkt setzt sich fort", sagte Rösler. So werde die Zahl der Erwerbstätigen in diesem Jahr um 220 000 auf 41,3 Millionen Personen zulegen. Gleichzeitig sinke die Arbeitslosigkeit auf 6,8 Prozent. Das wäre der niedrigste Stand seit 20 Jahren.

Auf dem privaten Konsum ruhen auch die Hoffnungen der Experten. Gerechnet wird mit einem Zuwachs der verfügbaren Einkommen um drei Prozent. Abzüglich einer erwarteten Inflation von 1,8 Prozent ist das immer noch ein Plus bei der Kaufkraft, das in der Vergangenheit Seltenheitswert hatte. Vom Exportgeschäft sind kaum noch wirtschaftliche Impulse zu erwarten. Das Wachstum bei den Ausfuhren gehe drastisch von 8,2 Prozent im vergangenen Jahr auf nur noch zwei Prozent zurück. Das Plus bei den Importen betrage dagegen drei Prozent.

Da im März bereits die Eckwerte für den Bundeshaushalt 2013 festgelegt werden, enthält die Regierungsprognose auch schon eine erste Einschätzung für das kommende Jahr, in dem ein neuer Bundestag gewählt wird. Danach soll das Wachstum wieder auf 1,6 Prozent steigen. Foto: dpa

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