Der Standort Reden muss zum Lehrstück werden

Saarbrücken · Das Gießkannenprinzip hat beim Strukturwandel ausgedient. Das war die ernüchternde Botschaft, die der damalige Saar-Wirtschaftsminister Heiko Maas (SPD) im vorigen August ins Land sandte.

Sein Ressort hatte ein Gutachten zu den 14 bedeutendsten denkmalgeschützten Bergbau-Standorten in Auftrag gegeben - alle im Noch-Besitz der RAG AG. Nur vier davon bekamen das Label "Premium-Standort" und damit die Aussicht auf Landes-Fördermittel bei der Umnutzung: Velsen, Itzenplitz, Luisenthal, Camphausen.

Vier - das klang erschütternd wenig, zugleich aber vernünftig in einem Haushaltsnotlage-Land. Heute ahnen wir: Vier sind womöglich vier zu viel. Das lehren uns die jüngsten Meldungen aus Reden. Dort werfen Privatinvestoren das Handtuch: FunBerg Saar hat am Projekt Halden-Seilbahn die Lust verloren, weil es sich offensichtlich nicht rechnet und in der FunBerg-Alm auch ohne "Metro" der Rubel rollt. Zugleich will Gondwana-Urzeitpark-Betreiber Matthias Michael Kuhl ob eines Finanzlochs von 1,4 Millionen Euro, das er aus dem laufenden Betrieb nicht decken kann, raus aus der finanziellen Verantwortung in Reden. In beiden Fällen soll und wird das Land beispringen. Was zeigt: Selbst wenn sich Privatunternehmer auf die Brachen locken lassen, endet damit die "Betreuungspflicht" des Landes noch lange nicht.

Obwohl die Akzeptanz für den Naherholungsort Reden da ist, obwohl dort die SR-Sommeralm, Haldenlauf-Events und Fantasy-Kongresse stattfinden, ist eine Ganzjahres-Belebung in weiter Ferne. Die Nutzung des Zechenhauses als Behördensitz - etwa für das Institut für Landeskunde oder das Landesdenkmalamt - wirkt immer noch wie eine Verlegenheitslösung, das Areal insgesamt hat etwas Starres, Totes, Unfertiges. Daran werden auch die 200 Schulungsteilnehmer pro Woche nichts Grundlegendes ändern, die sich im geplanten Akademie-Neubau des Unternehmens ProWin einfinden sollen. Will heißen: Reden wird noch richtig Geld kosten, bis das Gesamtprojekt von alleine läuft.

Noch problematischer stellt sich die Situation in Göttelborn dar. Dort steht der schicke, Millionen teure Verwaltungssitz der mittlerweile aufgelösten Industriekultur Saar GmbH (IKS) meist leer. Die hat dort und in Reden hochwertig und vorbildhaft denkmalgerecht saniert - doch neu angesiedelt und belebend umgenutzt hat sie kaum. Eine Erfolgsstory der Industriekultur, die diesen Namen verdient, steht noch aus. All dies bedeutet: Die Strukturwandel-Projekte der Vergangenheit werden weiterhin viel Management-Energie und wohl auch Steuergeld brauchen. Deshalb erscheint jedes zusätzliche Leuchtturm-Projekt des Landes tollkühn. Zumal am "Premium-Standort" Luisenthal bereits alle Träume Schäume sind: Die RAG wird dort keinen Energiepark bauen. Die Uhr ist auf Null zurückgedreht.

Vor diesem Hintergrund gewinnt der jüngste "Urknall" in Reden die Funktion eines Stoppsignals: Womöglich muss Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) am Konzept ihres Vorgängers Maas Rückbau betreiben. Denn die Klärung der Frage drängt, ob sich das Land womöglich nur zwei Vorzeige-Standorte leisten kann, wo die Versöhnung zwischen Erinnerungsort und Zukunftsort, zwischen Denkmal-Erhalt und Neunutzung glückt. Es wären dies dann die alten, die noch nicht wirklich aufgeblühten Orte Göttelborn und Reden. Das mag bitter klingen, aber ist es nicht realistisch?

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