Der Sieg des Unbequemen

Das passte symbolisch bestens zu diesem von Pannen heimgesuchten Ophüls-Jahrgang: Mit einem kopfstehenden Eröffnungsfilm hatte er begonnen, dann bei Vorstellungen während der Woche zahlreiche technische Probleme erlebt, und dann blieben angekündigte Stars (Corinna Harfouch, Ulrich Noethen, Christoph Maria Herbst) fern

Das passte symbolisch bestens zu diesem von Pannen heimgesuchten Ophüls-Jahrgang: Mit einem kopfstehenden Eröffnungsfilm hatte er begonnen, dann bei Vorstellungen während der Woche zahlreiche technische Probleme erlebt, und dann blieben angekündigte Stars (Corinna Harfouch, Ulrich Noethen, Christoph Maria Herbst) fern. Nun meldete sich der für die Preisverleihung am Samstag vorgesehene Moderator Jochen Schropp krank. Schauspieler Lutz Winde, ophülserfahren als Moderator nach Wettbewerbsvorstellungen, sprang ein und machte seine Sache charmant und sehr gut, auch wenn Jury-Mitglied Anna Thalbach schnodderte, mit seinem grausilbernen Anzug sehe er aus wie ein Autoverkäufer. Er selbst gab zu, "es mit Namen nicht so zu haben" - es könne also passieren, dass er Charlotte Britz als Saarländische Ministerpräsidentin vorstelle (was aber ausblieb).Vielleicht in ausgleichender Gerechtigkeit zur Eröffnung funktionierte die Technik in der Congresshalle (anders als 2011), so dass man diesmal tatsächlich Ausschnitte aus den prämierten Filmen sehen konnte. Die waren allerdings in Trailern für den Überblick der jeweiligen Wettbewerbe viel zu kurz gehalten. Zu lang dagegen waren die Auftritte einer Handpuppe mit griechischem Akzent, deren Witz rasch verflog.

Die Dankesreden der prämierten Regisseurinnen und Regisseure machten wieder einmal deutlich, dass nicht wenige Filme, gerade im kurzen und mittellangen Bereich, in Selbstausbeutung entstehen (müssen): Antje Hubert, Regisseurin der Doku "Das Ding am Deich", mit dem Defa-Förderpreis ausgezeichnet, zeigte sich glücklich darüber, dass ihr Film überhaupt fertiggestellt werden konnte; Regisseur Linus de Paoli, von der Interfilm-Jury für "Dr. Ketel" geehrt, fasste es so zusammen: "68 Drehtage - und niemand wurde bezahlt". Ähnliches erzählte auch Mickey Nedimovic, Regisseur des Kurzfilms "DVA", dessen Prämierung die wohl lautesten Team-Freudenschreie zeitigten.

Ernster wurde es bei der Verleihung des SR/ZDF-Drehbuchpreises (an "Mike"): SR-Intendant Thomas Kleist erklärte auf der Bühne, dass der Preis nun Fritz-Raff-Drehbuchpreis heißt, in Erinnerung an Kleists Vorgänger, der 2011 starb und das Ophüls-Festival sehr schätzte.

Kurz vorm Finale bilanzierte Lutz Winde, er habe jetzt 36 von 42 Karteikarten "wegmoderiert", man liege gut im Rennen, "aber es kommen ja noch die Politiker". Das taten sie, aber zügig. Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer bekannte, alle Filmgenres zu mögen außer Horror, den erlebe sie beruflich genug; Saarbrückens Oberbürgermeisterin Charlotte Britz stellte in Aussicht, beim städtischen Festivalzuschuss etwas draufzulegen, wenn auch das Land mitziehe - das hört man gern.

Die Verleihung des Dokumentarpreises leitete über auf ein österreichisch getöntes Finale: Sobo Swobodnik, dessen eigenwilliger Film "Der Papst ist kein Jeansboy" das Leben der ehemaligen TV-Kultfigur Hermes Phettberg beschreibt, ließ von diesem grüßen: "Er liebt Euch alle - vor allem die Buben." Phettberg wird wohl, hofft man, junge Männer, nicht Jungen gemeint haben. Die Ambivalenz passte zum großen Sieger des Abends, "Michael", der Geschichte eines Kinderschänders. Michael Fuith erhielt den Darstellerpreis, Regisseur Markus Schleinzer (siehe Interview) den Ophüls Preis. Der könne, hofft er, "den Menschen die Angst vor diesem Film und seinem Thema nehmen".Foto: Winde

Auf einen Blick

Max Ophüls Preis 2012: "Michael" von Markus Schleinzer.

Lobende Erwähnung: "Mary & Johnny" von Samuel Schwarz/Julian Grünthal und Christian Schwochows "Die Unsichtbare".

Preis der saarländischen Ministerpräsidentin:

"Transpapa" von Sarah Judith Mettke.

SR/ZDF-Drehbuchpreis: "Mike" von Lars Blumers.

Publikumspreis Langfilm: "Puppe, Icke & der Dicke"

von Felix Stienz.

Preis der Jugendjury:

"Festung" von Kirsi Liimatainen.

Interfilmpreis: "Dr. Ketel" von Linus de Paoli.

Beste Nachwuchsdarstellerin: Peri Baumeister in "Tabu - Es ist die Seele ein Fremdes auf Erden".

Bester Nachwuchsdarsteller: Michael Fuith in "Michael".

Bester Dokumentarfilm: "Der Papst ist kein Jeansboy"

von Sobo Swobodnik.

Mittellanger Film: "Heiligabend mit Hase" von Lilli Thalgott.

Kurzfilmpreis: "DVA" von Mickey Nedimovic.

Lobende Erwähnung der Jury an "Korpus" von Flo Baumann.

Publikumspreis Kurzfilm: "Mädchenabend" von Timo Becker.

Förderpreis der Defa-Stiftung: "Das Ding am Deich - Vom

Widerstand gegen ein Atomkraftwerk" von Antje Hubert. red

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