Der liebe Herr Gesangsverein muss vieles können

Saarbrücken. Der "liebe Herr Gesangverein" hat in den vergangenen Jahren eine rasante Entwicklung mitgemacht. Denn die Chorszene professionalisiert sich zunehmend. Dabei sind die wenigsten Ensembles institutionalisierte Klangkörper, was die Karriere für junge Dirigenten anstrengender, aber auch facettenreicher macht

Saarbrücken. Der "liebe Herr Gesangverein" hat in den vergangenen Jahren eine rasante Entwicklung mitgemacht. Denn die Chorszene professionalisiert sich zunehmend. Dabei sind die wenigsten Ensembles institutionalisierte Klangkörper, was die Karriere für junge Dirigenten anstrengender, aber auch facettenreicher macht.

Kompetente Wegbegleiter wie Georg Grün (Foto: SZ), Leiter des international preisgekrönten Kammerchores Saarbrücken und Professor für Chorleitung an der Mannheimer Musikhochschule, sind da hilfreich. Dieses Wochenende leitete Grün eine Meisterklasse für vier hochbegabte Nachwuchsdirigenten, die sich über ein spezielles Förderprogramm des Deutschen Musikrats qualifiziert haben. Jährlich werden neue Kandidaten ausgewählt, der Andrang ist groß. Wer die erste Bewerbungshürde per DVD schafft, darf nach Berlin zum Vordirigieren. Auf die ausgewählten Teilnehmer warten im Rahmen des Programms effiziente Trainingsmaßnahmen. Namhafte Dirigentenpersönlichkeiten wirken als Mentoren und die Kandidaten erhalten die Möglichkeit, mit professionellen Klangkörpern zu arbeiten. Tatsächlich schaffen viele aus dem Stipendiatenprogramm heraus direkt den Sprung in gute Positionen im deutschen oder internationalen Musikleben.

Im Bereich Orchesterdirigieren geht das Konzept seit Jahren auf, jetzt hat man endlich auch entsprechende Module für Chordirigenten eingerichtet. Für die sind diese Angebote besonders wichtig. "Chordirigenten müssen sich breiter ausbilden, denn sie arbeiten sowohl mit Laien als auch mit Profis, müssen mit der Stimme umgehen können, aber auch den Überblick behalten, wenn ein Orchester dabei ist", weiß Grün. Der klassische Orchesterdirigent sei ein Auslaufmodell, heute müssten Nachwuchsmusiker fit in allen Stilistiken sein, ergänzt er. Diesem Aspekt trägt auch das für den Meisterkurs ausgewählte Repertoire Rechnung. Vom sechsstimmigen Renaissancewerk über Brahms und Rihm bis hin zur Avantgarde beinhaltet das Programm jegliche Stolperfalle für Dirigent und Chor.

Drei Tage haben die Weimarer Tobias Löbner, Alexey Vasilenko und Judith Schweiger sowie der in Dresden studierende Cornelius Volke Zeit, ihre Kenntnisse zu vervollkommnen. Mit dem Kammerchor Saarbrücken steht einer der führenden deutschen Konzertchöre als "Arbeitsinstrument" zur Verfügung. Berührungsängste gibt es nicht, die Kandidaten, die zur Werkstatt in der Musikhochschule angereist sind, stehen bereits mit einem Bein im Berufsleben. So war Alexey Vasilenko in seiner russischen Heimat Assistent des Chefdirigenten am Operntheater.

Um eine weitere Vernetzung zwischen Ausbildung und Praxis zu gewährleisten, hat Grün zusammen mit der Chordirektorenkonferenz und dem Dirigentenforum eine Tagung in die Meisterklasse eingebettet. Hier drehte sich am Samstag alles darum, wie man die Startchancen für angehende Berufsdirigenten optimieren kann. sad

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