Der Kiefer locker, der Ton ein wenig höher

Bischmisheim. Stühlerücken, Gemurmel. 200 Menschen im Halbkreis stehen auf, dann wird es still: Bald kreisen alle mit den Armen, pusten, summen und schütteln die Beine. Es sind 200 passionierte Sänger, die sich zu einer Probe in der Bischmisheimer Festhalle treffen. In der Mitte des Halbkreises steht ein Flügel

Bischmisheim. Stühlerücken, Gemurmel. 200 Menschen im Halbkreis stehen auf, dann wird es still: Bald kreisen alle mit den Armen, pusten, summen und schütteln die Beine. Es sind 200 passionierte Sänger, die sich zu einer Probe in der Bischmisheimer Festhalle treffen. In der Mitte des Halbkreises steht ein Flügel. Chorleiter Walter Niederländer spielt mit einer Hand, dirigiert mit der anderen. Zwischendurch singt er Phrasen vor, die der Saal wiederholt. "Das ist noch nicht locker", findet er und gibt Tipps zum Entspannen des Kiefers. Zehn Minuten später erfüllt den Saal ein sinnliches, spirituelles und modernes Stück, das den Sängern mit seiner oft fünf- bis siebenstimmigen Setzweise Einiges abverlangt. Besonders die überraschenden Harmoniewechsel müssen immer wieder geübt werden. Es ist das "Virgo virginium" aus der Messe "Stabat Mater" von Karl Jenkins - ein ganz besonderes Stück zum 150-jährigen Jubiläum des Saarländischen Chorverbands, das mit einem Konzert im Lokschuppen in Dillingen gefeiert werden soll. "Hört mal, das ist eine ganz starke Dissonanz", sagt Niederländer und rät: "Man muss das, was man singen will, einfach einen Halbton höher singen!" Vier Stunden lang proben die Sänger heute. Sie kommen aus dem Saarland, der Pfalz und Frankreich. Die Mühe lohnt sich; nachdem die Stimmen einzeln gefestigt sind, gelingt das Zusammensetzen erstaunlich schnell, die ganze Passage erblüht. "Komm', machen wir's noch einmal", feuert Niederländer seine Sänger an.

"Wir machen was Modernes"

Man merkt, dass die meisten hier viele Jahre Chorerfahrung besitzen. Auch mit Jenkins haben sich viele schon einmal befasst - vor drei Jahren, als der Projektchor des Saarländischen Chorverbands eine andere Messe von Jenkins aufgeführt hat. "Ein unglaublicher Erfolg", erzählt Niederländer in der Pause, der überrascht war vom großen Interesse. Viele Zuschauer hätten sich etwas Ähnliches noch einmal gewünscht, außerdem möchte Niederländer einen Kontrast zum Landesjugendchor bieten: "Wenn die Jungen was Klassisches singen, machen wir was Modernes."

Thermoskannen mit Tee stehen herum, Bonbons und Taschentücher werden weitergegeben. Viele schätzen die begrenzte Probenzeit des Projektchors, denn "wöchentliche Proben würde ich in meinen Terminplan nicht hineinbekommen", findet Andrea Dewes. Hobbygitarrist Wolfgang Wirtz ist, als Jenkins-Fan, vor allem wegen des Stücks da. Zu hören ist es am 24. März, 19 Uhr, im Dillinger Lokschuppen.

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