Der Blick in seelische Abgründe: Craig Silveys neuer Jugendroman

Laura Wishart, Tochter des Bezirkspräsidenten, ist tot. Erhängt auf einer Lichtung im australischen Busch.

Nur zwei Jungen wissen davon. Charlie, gescheit, brav, nachdenklich. Und Jasper Jones, der Outcast des kleinen Ortes Corrigan, ein Halb-Aborigine. Man hält ihn für einen Wilden, einen gefährlichen Kriminellen. Als Jasper Laura findet, bittet er Charlie um Hilfe. Das Mädchen wurde an Jaspers Rückzugsort ermordet, klar, wer verdächtigt würde. Die Leiche muss verschwinden. Der Beginn von "Wer hat Angst vor Jasper Jones?” könnte der Einstieg in einen Thriller sein, doch er ist mehr.

Silvey entfaltet das Porträt eines Ortes, wo unangepasste Menschen wie Jasper als Blitzableiter herhalten müssen, um von Vergehen anderer abzulenken. In dem Maß, wie sich die Freundschaft zwischen Charlie und Jasper entwickelt, offenbart Silvey Abgründe von Feigheit, Lügen und Rassismus in Corrigan. Das, was Menschen Verbrechen begehen lässt, beschreibt er mit philosophischer Qualität. In Laura Wisharts Fall ist alles anders, als es aussieht. Dieser Jugendroman hat auch leichte Momente, aber insgesamt ist schwer verdaulich, wovon er erzählt. Und doch ist das Buch ein Plädoyer für gegenseitiges Verständnis.

Craig Silvey: Wer hat Angst vor Jasper Jones? Ab 16 Jahre, Rowohlt, 414 S., 16,95 Euro.

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