Rechtliche Lage beim Hausbau Der Bauherr muss auf den Boden achten

Freiburg · Einem schönen Bauplatz in guter Nachbarschaft sieht man nicht an, welche Probleme der Untergrund beim Hausbau bereiten kann.

 Der Bau eines Eigenheims kann entscheidend dadurch beeinflusst werden, auf welchem Grund das geplante Gebäude stehen soll.

Der Bau eines Eigenheims kann entscheidend dadurch beeinflusst werden, auf welchem Grund das geplante Gebäude stehen soll.

Foto: dpa-tmn/Patrick Pleul

() Ohne Baugrunduntersuchung sollen Bauherren ihren Bauvertrag nicht unterschreiben, das wäre riskant, sagen Experten. Denn der Boden, auf dem das Eigenheim errichtet werden soll, kann viele Überraschungen bereithalten, wie zum Beispiel drückendes Wasser, Felsbrocken, Bauschutt oder sogar Fliegerbomben aus dem Zweiten Weltkrieg. „Vor allem Bauherren, die schlüsselfertig bauen lassen, gehen oft davon aus, dass sich das beauftragte Bauunternehmen darum kümmert, wie der Boden unter dem künftigen Haus beschaffen ist, weil sie denken, das sei im Komplettpreis enthalten“, sagt Marc Ellinger vom Verband Privater Bauherren. „Aber das ist in aller Regel ein Irrtum.“

Dabei hat der Zustand des Baugrunds enormen Einfluss auf die Bauplanung und die Kosten der Ausführung der Bauarbeiten. Und was viele nicht wissen: „Das Risiko für daraus resultierende Mehrkosten trägt der Bauherr, nicht die Baufirma“, betont Stefan Weihrauch vom Verband Beratender Ingenieure. Sein Rat: Jeder Bauherr sollte individuell ermitteln lassen, in welchem Zustand der Baugrund seines Grundstücks ist, auch wenn er gemeinsam mit mehreren Nachbarn baut. Selbst unter Grundstücken, die in direkter Nähe liegen, kann es völlig unterschiedlich aussehen. „Gefürchtet sind zum Beispiel Torflinsen. Das ist sehr weicher Boden auf einem begrenzten Areal. Das Haus könnte im schlimmsten Fall allmählich darin versinken“, erklärt Weihrauch.

Am besten wäre es, das Baugrundgutachten sogar schon vor dem Grundstückskauf in Auftrag zu geben, meint Ellinger. „Baugrundgutachten sind gar nicht mal so teuer, können aber eine Fehlinvestition verhindern. Wenn ich vor dem Kauf über die Probleme Bescheid weiß, kann ich mich darauf einstellen oder eventuell für ein anderes Grundstück entscheiden.“

Spätestens zum Beginn der Planungsarbeiten sollte das Gutachten auf jeden Fall vorliegen, damit sich die Erkenntnisse über den Zustand des Baugrunds gleich berücksichtigen lassen. „Der Statiker wird die Gründungsbauteile, Bodenplatte, Fundamente und einen eventuell vorhandenen Keller an die Ergebnisse des Gutachtens anpassen“, führt Ellinger aus. „Auch die Abdichtung des Gebäudes und die Dämmstoffauswahl werden darauf abgestimmt, ebenso wie die Konzeption der Regenwasserleitungen und einer eventuell geforderten Versickerung“, ergänzt der Experte.

Baugrundgutachten werden von spezialisierten Ingenieurbüros oder Ingenieurgesellschaften erstellt, in denen Geologen, Ingenieure für Geotechnik und Grundbautechnik sowie Bauingenieure interdisziplinär zusammenarbeiten. „Die Erstellung eines Baugrundgutachtens ist ein mehrstufiges Verfahren“, erklärt Ulrich Scholz von der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau. Dabei greift man zunächst auf bereits existierende Informationen zurück. „Zunächst werden Karten angesehen, um herauszufinden, welche geologischen Formationen anzutreffen sind“, führt Scholz aus. „Besteht der Baugrund aus Kies, Lehm oder Sand? Ist er felsig? Wo fließt das Grundwasser? Wie sind die Pegelstände von Flüssen und anderen Gewässern? All das ist häufig von verschiedenen Ämtern schon in Karten erfasst.“

Um Aufschluss über die Situation auf dem konkreten Grundstück zu erhalten, werden dann zusätzlich Bohrungen oder Sondierungen durchgeführt, ergänzt Weihrauch. Das Bohrgerät befördert Boden aus der Tiefe nach oben, der im Labor untersucht wird. „Mit einer sogenannten Rammsondierung wird der Widerstand ermittelt, den der Boden dem Eindringen einer genormten Sonde entgegensetzt. So bekommt man Aufschluss über die Lagerungsdichte und Festigkeit des Bodens“, erläutert der Experte.

Die Ergebnisse der Aktenerkundung und der Beprobung werden dann im Baugrundgutachten zusammengeführt und erläutert. „Ein gutes Baugrundgutachten enthält immer auch Vorschläge zur Gründung und Abdichtung des Bauwerks“, sagt Bauherren-Berater Ellinger.

Es kann passieren, dass ein Baugrundgutachten die ursprünglichen Pläne des Bauherren durcheinander wirft. Hat es zum Beispiel ergeben, dass aufgrund der sogenannten Setzungsempfindlichkeit der oberflächennahen Baustoffschichten besonders tief gegründet werden muss, kann eine Entscheidung für einen Keller plötzlich das sinnvollste sein, obwohl vorher gar keiner vorgesehen war. Oder der Kunde gibt sogar den Bau eines Hauses auf diesem Grundstück auf, weil das seine finanziellen Möglichkeiten sprengen würde. Denn es gibt Böden, die nur schwer und aufwendig zu bearbeiten sind, etwa steinige Böden oder Felsen.

Im Prinzip lässt sich aber jeder Grund bebauen, betont Scholz. Denn auf jede Situation lässt sich mit entsprechender Planung reagieren. „Selbst das schwierige Schwemmland am Chiemsee ist kein Ausschlusskriterium“, erklärt der Experte. „Der Boden dort kann ausgetauscht und für die Bauausführung eine möglichst leichte Bauweise gewählt werden.“ In Gegenden, wo das Grundwasser etwa sehr hoch ist, muss über eine Pfahlgründung nachgedacht werden. Scholz rät daher, Experten mit einem Baugrundgutachten zu beauftragen, die sich gut in der Region auskennen.

Manchmal halten die Ergebnisse von Baugrundgutachten auch Überraschungen bereit. „Wenn zum Beispiel archäologische Funde gesichert und kartiert werden müssen, braucht das seine Zeit“, berichtet Scholz aus Erfahrung. „Die Entdeckung einer alten Keltensiedlung kann dann den Baubeginn schon mal um ein Jahr verschieben. Aber das kommt ja nicht jeden Tag vor.“

(dpa)
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