Denkmal-Strategie der Vernunft

Man mag es nicht mögen, das Klischee, aber es stimmt nun mal: Fördertürme sind die Wahrzeichen saarländischer Identität, denn ohne Kohleförderung gäbe es das Saarland als Bundesland nicht. 38 Bergbau-Denkmäler stehen im Land.

Vier davon, das wissen wir seit gestern, will die Landesregierung mit öffentlichen Zuschüssen "denkmalgerecht" in die Zukunft bringen: Itzenplitz, Velsen, Camphausen, Luisenthal. Zusätzlich zu den "Zukunftsstandorten" Reden und Göttelborn. Zusätzlich auch zur Grube Duhamel, die die RAG AG weiter nutzen will. Sind das nun skandalös wenige oder sind es sogar zu viele Bergbau-Denkmäler für das Saarland?

Die Zahl ist willkürlich, klingt aber in einer unter Sparauflagen ächzenden Region irgendwie vernünftig. Alles ist eben nicht möglich, diese Einsicht dürfte der allgemeinen Stimmungslage entsprechen. Insofern verhält sich Wirtschaftsminister Heiko Maas (SPD) nicht nur ökonomisch, sondern auch politisch klug. Denn hat es sich nicht gezeigt, dass das Thema "Ende des Bergbaus" in der Breite der Bevölkerung gar nicht so hoch angesiedelt ist wie vermutet? Die Landesausstellung "Das Erbe" hat sich nicht zum Publikumsmagneten entwickelt, und nicht selten hört man in Wirtschaftskreisen, die "Förderturm-Folklore" torpediere das Bild des neuen dynamischen Saarlandes. Da überrascht und tut es gut, dass sich die Landesregierung nicht beirren lässt in der Fürsorgepflicht für die Bergbau-Relikte.

Gleichwohl fährt man mit angezogener Handbremse. Mega-Steuergeld-Investitionen wie für Reden oder Göttelborn werden sich für die Premiumstandorte nicht wiederholen. Dafür steht Maas. Er zeigt keine Neigung zu Bombast-Visionen, die in der Peter-Müller-Ära (CDU) falsche Hoffnungen nährten. Maas setzt auf eine kleinteilige, prozesshafte Entwicklung, und das ist gut so. Denn diese Vorgehensweise ermöglicht finanzielle Spielräume jenseits der Förderbevorzugung der Premiumstandorte. Es wäre nämlich falsch, das Gutachten als "Freikauf"-Gutachten für das Land misszuverstehen. Das beweist die zeitgleich gestartete "Initiative Bergbaustraße", in deren touristische "Aufmöbelung" mit Sicherheit Gelder fließen werden.

Viel eher taugt das Gutachten als Startsignal für die Kommunen, die Bürgerdebatte über das lokale "Erbe" anzugehen. Die Qualitäts-Kriterien und Schadensanalysen des Gutachtens liefern dafür eine solide Basis. Mitunter wird die Wahrheit weh tun, zudem ist Frust programmiert, weil die Hilferufe ans Land nicht mehr verfangen werden. Nach dem Gutachten bricht also die Ära der Eigenverantwortung an. Jawohl, Wahrzeichen werden verschwinden, wenn bürgerschaftliches Engagement ausbleibt. Die Bürger müssen wissen: Gemeinhin vermisst man erst dann etwas, wenn es weg ist - und alles zu spät.

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