Den ganzen Staub wegblasen

Wie haben Sie reagiert, als man Ihnen anbot, eine Film-Dokumentation über die legendären "Doors" zu machen?DiCillo: Ich bekam einen Anruf der Produzenten, die mir eine Doku mit altem Material über die "Doors" anboten. Als ich das Wort "Doors" hörte, sagte ich zu. Ich stellte keine Fragen nach Budget oder Zeitplan

 Regisseur Tom DiCillo

Regisseur Tom DiCillo

Wie haben Sie reagiert, als man Ihnen anbot, eine Film-Dokumentation über die legendären "Doors" zu machen?

DiCillo: Ich bekam einen Anruf der Produzenten, die mir eine Doku mit altem Material über die "Doors" anboten. Als ich das Wort "Doors" hörte, sagte ich zu. Ich stellte keine Fragen nach Budget oder Zeitplan. Das Besondere an den "Doors" ist, dass sie keine Dinosaurier sind, sondern von jeder Generation neu entdeckt werden. Ihre Musik lebt immer weiter - ganz im Unterschied zu vielen anderen Bands jener Zeit.

Wie viel Material haben Sie sich bei der Vorbereitung angesehen?

DiCillo: Ich habe mir zehn Stunden am Tag altes Material angesehen, drei Wochen lang. Danach war mir klar, dass ich mich nur darauf stützen wollte und auf die üblichen Interviews mit Zeitzeugen verzichte - selbst die "Doors" von heute kommen nicht zu Wort. Die Bandgeschichte ist eine amerikanische Tragödie und bietet den Stoff, den das Kino braucht. Es geht um Macht, um Sex, Prominente und ums Scheitern.

Wie standen die Familie von Morrison und die Bandmitglieder zu dem Projekt?

DiCillo: Familie und Band standen von Anfang an dahinter. Mein Ziel war, den ganzen Staub und all die Mythen wegzublasen, die es um diese Person gibt. Ich wollte Jim Morrison so zeigen, wie er wirklich war. Der Film soll ihn nicht romantisieren und ihn nicht beurteilen. Dieses Konzept hat den Angehörigen durchaus gefallen.

Haben Sie nach Ihrer intensiven Recherche ein neues Bild von der Legende Morrison bekommen?

DiCillo: Ein Schlüsselerlebnis für mich war ein Essen mit Jims Schwester Anne. Dabei fragte ich, was die Ursache für das Trinken von Jim war. Und sie antwortete: "Die Ursache ist einfach: Jim war ein Alkoholiker." Das war damals nur wenigen bekannt, aber Jim hatte schwer unter der Krankheit zu leiden. Das macht ihn für mich umso mehr zu einer tragischen Figur. Ich habe deshalb kaum Verständnis für Fans, die mit einer Flasche Whiskey in der Hand lallen: "Morrison lebt!"

Wie sind die Reaktionen der Band-Mitglieder auf Ihren Film?

DiCillo: Ich habe der Band vorab unterschiedliche Versionen gezeigt, um durch ihre Kommentare ein möglichst wahrhaftiges Bild zu zeigen. Alle waren der Meinung, dass dieses Porträt den Geist ihrer Band sehr gut illustrieren würde.

Wäre dieser Erfolg der "Doors" heutzutage auch möglich?

DiCillo: Ich glaube, jeder von uns hat den Wunsch und das Bedürfnis, im Tiefsten seines Inneren von etwas berührt zu werden, das wahrhaftig, das ehrlich ist. Wenn Kunst oder Musik das nicht mehr erreichen, kann der ganze Planet gleich Selbstmord begehen.

Was halten Sie von Oliver Stones' Spielfilm "The Doors"?

DiCillo: Ich respektiere Stone so, wie ich für jeden Respekt habe, der etwas so Schwieriges wie einen Film zustande bekommt. Aber für mich waren diese vier Typen in seinem Film nie als Bandmitglieder glaubhaft. Das waren nur die Stellvertreter für die Konzepte von Stone, etwa die Idee des selbstzerstörerischen Künstlers. Für mich war dies kein Film über die "Doors".

Wie kam Johnny Depp als Erzähler in den Film?

DiCillo: Wenn man ausschließlich Archivmaterial in einer Dokumentation benutzt, bekommt die Erzählerstimme umso größere Bedeutung. Man benötigt jemanden, dem die Zuschauer das glauben, was er sagt. Johnny mochte den Film sehr und meinte ganz einfach: "Ja, ich mach' dir den Erzähler."

Üblicherweise sprengt ein berühmter Soundtrack fast das Budget eines Kinofilms - wie viel mussten Sie für die Rechte an den legendären Songs bezahlen?

DiCillo: Ich weiß nicht, wie oft ich in früheren Filmen einen bestimmten Song haben wollte und nicht in der Lage war, dies zu bezahlen. Diesmal war ich genau in der umgekehrten Situation. Weil das Management der "Doors" ebenso wie die Plattenfirma Koproduzenten des Films sind, durfte ich jeden Song verwenden, den ich wollte - das war das Paradies.

Was würden Sie Jim Morrison heute fragen?

DiCillo: Jim erschien mir zweimal im Traum: Er saß in einer Ecke und schaute nur. Er sah sehr traurig aus, und ich spürte das große Bedürfnis, zu ihm zu gehen und ihn zu fragen: "Hey Jim, was ist passiert?" Ich glaube, diese Frage bewegt sehr viele Menschen. Es gibt so viel Spekulationen über sein Leben und seinen Tod - er ist der einzige, der die Antworten kennt.

Ab Donnerstag in der Saarbrücker Camera Zwo

Kritik morgen im treff.region

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 Robby Krieger, Ray Manzarek, John Densmore und Jim Morrison, der 1971 starb. Bald danach war es mit der Band vorbei. Fotos: Kinowelt

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 Ein vereinsamt wirkender Morrison auf einer Segelyacht.

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Sechs weitere Filme laufen am Donnerstag in den Kinos unserer Region an. Drei davon im Saarbrücker Filmhaus. "Me Too - Wer will schon normal sein?" von Alvaro Pastor und Antonio Naharro aus Spanien erzählt komödiantisch leicht, aber nie leichtfertig von einem jungen Mann mit Down-Syndrom, der sich in eine attraktive Kollegin verliebt. Franny Armstrong legt mit "The Age Of Stupid" ein eindringliches Doku-Drama über die Folgen der Klimakatastrophe und die Zerstörung unserer Umwelt vor. "Themba" ist die weich gespülte Geschichte eines afrikanischen Jungen aus ärmlichen Verhältnissen, der ein Fußball-Star werden möchte. Ebenfalls schwach: Die Fortsetzung "Freche Mädchen 2" von Ute Wieland. Leichte Unterhaltung bietet die Hollywood-Komödie "Kindsköpfe" von Dennis Dugan mit Adam Sandler und Salma Hayek. Die Actionkomödie "Kiss & Kill" von Robert Luketic mit den blassen Hauptdarstellern Katherine Heigl und Ashton Kutcher dagegen entpuppt sich als herbe Enttäuschung. tr

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