Dem Ötzi unter die Haut geschaut

München · Der Fund einer Gletscherleiche in den Ötztaler Alpen wurde 1991 zur Sensation. Nun stellt die Schau „Ötzi 2.0“ in München auch jüngste Forschungsresultate um die 5000 Jahre alte Mumie vor.

 Er lebte zwischen 3350 und 3100 v. Chr. – nun wird der Ötzi im Labor in Bozen konserviert. Foto: Südtiroler Archäologiemuseum Bozen

Er lebte zwischen 3350 und 3100 v. Chr. – nun wird der Ötzi im Labor in Bozen konserviert. Foto: Südtiroler Archäologiemuseum Bozen

Foto: Südtiroler Archäologiemuseum Bozen

Sein Name ist nicht bekannt, denn die 1991 im Südtiroler Vinschgau gefundene Eis-Mumie trug keine Papiere bei sich. Aber ansonsten weiß die Wissenschaft inzwischen ziemlich viel über den sogenannten Ötzi , der vor 5300 Jahren lebte und somit älter ist als die einbalsamierten Pharaonen-Mumien Alt-Ägyptens. Besucher der Ausstellung "Ötzi 2.0" in der Archäologischen Staatssammlung München können sich über Leben und Tod dieser berühmten Leiche informieren und zudem selbst unter das Mikroskop schauen.

Die Ausstellung aus dem Südtiroler Archäologie-Museum Bozen ist eine spannende Entdeckungstour. Spektakulär ist die Tatsache, dass Ötzi Tätowierungen an bestimmten Stellen des Rückens und des Knies hatte, und diese Verfärbungen durch Heilbehandlungen mit Holzkohle und Kräutern entstanden sind. Die kleinen Einschnitte hierfür liegen auf den Meridianen des Körpers - dieser Aspekt wurde von Fachleuten für Akupunktur entdeckt. Denn gesund war der etwa 48 Jahre alte Ötzi nicht: Er hatte Arthrose und abgeheilte Erfrierungen, Gallensteine und eine genetische Herz-Kreislauf-Insuffizienz, er war laktoseintolerant und seine Cholesterin-Werte waren erhöht, seine Rippen waren gebrochen und an der Hand hatte er eine frische Schnittwunde. Spuren von Hopfenblüten weisen darauf hin, dass er im Frühsommer gestorben ist und nicht im Herbst, wie bisher angenommen. Die Pfeilspitze aus Stein in der linken Schulter wurde 2002 durch Röntgenaufnahmen entdeckt. Die schwere Blutung dieser Wunde führte zum Tod.

Umringt von Informationstafeln und Fotos liegt eine Nachbildung der Mumie, denn der echte Ötzi ist nicht reisefähig, er muss in einer Kühlkammer in Bozen ruhen. Über eine Auswahl von Forschungsergebnissen informiert ein sogenanntes "Labor" als Teil der Ausstellung. Die Isotopenzusammensetzung im Zahnschmelz und im Knochenmaterial liefern Informationen darüber, dass Ötzi seine frühe Kindheit im Pustertal verbracht hat und er in den letzten zehn Jahren seines Lebens im Vinschgau gelebt hat. Denn jeder speichert aufgrund des Trinkwassers Spuren seines Lebensumfeldes im Köper ab.

Die Mumie barg 1991, als sie von einem Nürnberger Ehepaar entdeckt wurde, noch viele Rätsel. Seither haben sich jedoch die Untersuchungsmethoden verfeinert, und so wurde im September 2010 der Körper vorsichtig aufgetaut und von 60 Wissenschaftlern erforscht. Sie konnten erstmals ein rotes Blutkörperchen von einem prähistorischen Menschen extrahieren. Und aus einem Knochenstück ließ sich so viel DNA gewinnen, dass Teile des Erbguts zu entschlüsseln waren und 19 lebende Tiroler ausfindig gemacht wurden, deren DNA Ähnlichkeiten mit denjenigen von Ötzi aufweist.

Die Schau "Ötzi 2.0" läuft bis zum 31. August in der Archäologischen Staatssammlung, Lerchenfeldstraße 2. Öffnungszeiten: täglich, außer montags, von 9.30 bis 17 Uhr.

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