Das Wunder geht weiter

Ist das deutsche Beschäftigungswunder die längste Zeit ein Wunder gewesen? Wer die aktuelle Arbeitslosenprognose der Bundesregierung nur oberflächlich zur Kenntnis nimmt, könnte die Frage mit "Ja" beantworten. Doch Panikmache ist unangebracht. Dass allein im vorigen Jahr mehr als eine Millionen Flüchtlinge nach Deutschland kamen, kann nicht spurlos am Arbeitsmarkt vorübergehen. Steigen vor diesem Hintergrund die Arbeitslosenzahlen, dann heißt das zugleich, dass immer mehr Neuankömmlinge ihr Asylverfahren durchlaufen haben und nun gewissermaßen den Arbeitsmarkt erreichen. Erst dann werden sie nämlich von der Bundesarbeitsagentur erfasst. Und erst dann kann endlich die Integration ins Erwerbsleben starten. Insofern hat die Regierungsprognose etwas Positives.

Bereits im vergangenen Jahr war bekannt geworden, dass die Arbeitsagenturen das Ausmaß der Arbeitslosigkeit von Flüchtlingen ab Mitte 2016 gesondert erfassen würden. Dies sorgte damals für böses Blut, weil Kritiker fürchteten, die Regierung könnte das Problem auf diese Weise kleinrechnen. Seit Juni lässt sich die Entwicklung nun schwarz auf weiß nachlesen. Aktuell sind 5,3 Prozent der Arbeitslosen Flüchtlinge . Dieser Anteil wird zunächst zwangsläufig weiter steigen. Wann sich der Trend stoppen oder gar umkehren lässt, hängt von vielen Faktoren ab. Zuallererst von der Integrationswilligkeit der Flüchtlinge selbst. Von ihrer Bereitschaft, sich auf die deutsche Gesellschaft einzulassen. Doch das kann keine Einbahnstraße sein.

Die Sprachförderung bleibt das A und O. Zugleich müssen genügend staatliche Integrationskurse angeboten werden. Genauso wie Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, denn das Qualifikationsniveau der allermeisten Neuankömmlinge ist gering. Auch deshalb sollten Arbeitsvermittler schon während der Asylverfahren noch stärker aktiv werden, um die berufliche Eignung Betroffener frühzeitig festzustellen. Notwendig ist auch die Anerkennung von Berufsabschlüssen , die nicht unbedingt immer den hohen deutschen Standards entsprechen. Und zweifellos sind auch die Unternehmen in der Pflicht. Dass viele von ihnen dringend Personal suchen und sich deshalb selbst ins Zeug legen (müssen), um Eignungs-Defizite von Bewerbern abzubauen, ist dabei kein Nachteil.

Für Flüchtlinge dürften sich so bessere Beschäftigungschancen auftun als noch in Zeiten, da die Arbeitslosigkeit in Deutschland von einem traurigen Rekord zum nächsten eilte. Inzwischen haben sich die Rahmenbedingungen grundlegend geändert: Bis 2020 erwartet die Bundesregierung einen Anstieg der Beschäftigtenzahl um eine Million auf gut 44 Millionen. Damit wäre das Job-Wunder also noch lange nicht vorbei.

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