Das Prinzip Oppenheimer

Saarbrücken. Komponist von "Doctor Atomic" ist der bekannte amerikanische Minimal-Music-Autor John Adams, die deutsche Erstaufführung findet am kommenden Samstag in der SST-Reihe "echtzeit" statt. Für die Inszenierung verantwortlich zeichnet Immo Karaman aus Gelsenkirchen, der 2008 von der Zeitschrift "Opernwelt" zum besten Regisseur des Jahres gekürt wurde

 "Hallo, Herr Oppenheimer, hören Sie mich?": Das Plakat, mit dem das Staatstheater für seine neue Oper wirbt. Foto: Theater

"Hallo, Herr Oppenheimer, hören Sie mich?": Das Plakat, mit dem das Staatstheater für seine neue Oper wirbt. Foto: Theater

Saarbrücken. Komponist von "Doctor Atomic" ist der bekannte amerikanische Minimal-Music-Autor John Adams, die deutsche Erstaufführung findet am kommenden Samstag in der SST-Reihe "echtzeit" statt.

Für die Inszenierung verantwortlich zeichnet Immo Karaman aus Gelsenkirchen, der 2008 von der Zeitschrift "Opernwelt" zum besten Regisseur des Jahres gekürt wurde. Keine Minimal-Music im Stil der 60er- und 70er-Jahre sei zu erwarten, verspricht Karaman: "Was Adams heute betreibt, nennt sich Post-Minimalismus", die Stilrichtung habe sich weiter entwickelt. Geblieben sei die Struktur des Arbeitens mit kleinstmöglichen Motiven, doch gestalte sich die Musik (Leitung: Andreas Wolf) hier "viel dramatischer, melodiöser und gesanglicher" - mit großen emotionalen Arien der Hauptprotagonisten Oppenheimer (Lee Poulis) und seiner Frau Kitty (Carmen Fuggiss). Grundlegende Schwierigkeit sei, dass die Oper (Libretto: Peter Sellars) "Probleme behandelt, die uns sehr vorsichtig werden lassen", so Karaman mit Blick auf den ethisch kaum zu rechtfertigenden Bombenabwurf.

Oppenheimer habe sich zudem nie davon distanziert oder gar entschuldigt, sondern sich "hinter der Haltung des eiskalten Wissenschaftlers verschlossen". Karaman möchte nun "nicht diesen Menschen entschlüsseln und auch nicht von einer emotionalen Seite zeigen, die biographisch nicht zu belegen ist, sondern vielmehr das ,Prinzip Oppenheimer' auf die Bühne bringen" - eines "brutalen Kontrolleurs seiner selbst und seines Umfelds". Daher fallen die "emotionalen Ausbrüche, die wohl von den Autoren eingesetzt wurden, um diese Figur menschlich erfahrbar zu machen, in unserer Produktion sehr kühl und distanziert aus".

Emotionales Herzstück der Oper sei Kitty mit "hysterischen Ausbrüchen von Angst, Panik und Zweifeln" - sie bleibt als gebrochene Figur zurück. Unter jeglichem Verzicht auf Kulinarik und Retro-Chic der 40er-Jahre lässt Regisseur Karaman die ganze Szenerie (Bühnenbild: Johann Jörg; Choreografie: Fabian Posca) im Versuchscamp Los Alamos als stilgebendes Element "in einem einzigen Zaun" spielen, "der diese Menschen zusammenbringt und aneinander kettet". Was sich dort abspiele, lasse sich zunehmend als Gesellschafts- und Massenhysterie bezeichnen, erklärt er. "Uns interessiert die im wahrsten Sinne explosive Stimmung." Karaman will sich jeder Moralisierung enthalten und spricht statt eines moralischen, von einem "historisch-hysterischen Drama".

Premiere am Samstag (19.30 Uhr) im Staatstheater (in engl. Sprache mit deutschen Untertiteln). Karten und Infos: www.theater-saarbruecken.de

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