„Das ist krass!“

Saarbrücken · Am Samstagabend hat das 35. Filmfestival Max Ophüls Preis im ausverkauften Saarbrücker E-Werk seine Trophäen vergeben. „Love Steaks“ und „Männer zeigen Filme & Frauen ihre Brüste“ sind die großen Gewinner eines insgesamt guten Jahrgangs. Die Nachwuchsfilmer haben stilistische Bandbreite und Selbstbewusstsein gezeigt.

 Spätfolgen von Lola's Bistro? Vincent Krüger (links) schaut ein wenig müde aus. Er und Liv Lisa Fries wurden als beste Nachwuchsdarsteller ausgezeichnet. Auf dem Foto rechts freut sich Regisseur Jakob Lass, dessen famoser Film „Love Steaks“ den Hauptpreis gewonnen hat. Im März kommt er ins Kino. Fotos: Oliver Dietze

Spätfolgen von Lola's Bistro? Vincent Krüger (links) schaut ein wenig müde aus. Er und Liv Lisa Fries wurden als beste Nachwuchsdarsteller ausgezeichnet. Auf dem Foto rechts freut sich Regisseur Jakob Lass, dessen famoser Film „Love Steaks“ den Hauptpreis gewonnen hat. Im März kommt er ins Kino. Fotos: Oliver Dietze

Da s breiteste Lächeln, fast im Cinemascope-Format, gehörte am Samstagabend Regisseur Jakob Lass. "Das ist krass, dass wir so erfolgreich sind und dass alles so viel Spaß macht - beziehungsweise umgekehrt!" Sein Film "Love Steaks", die überwiegend improvisierte Liebesgeschichte eines sensiblen Masseurs und einer ruppigen Köchin hat den Ophüls-Hauptpreis gewonnen - ein erfrischender Film, an dem man bei diesem 35. Festival nicht vorbeikam. Gut, dass die Jury sich nicht davon bremsen ließ, dass "Love Steaks" beim Münchener Filmfest im Sommer so ziemlich alle Förderpreise gewonnen hat und gerade auf Festival-Tour durch Europa ist. Gut auch, dass Juror Götz Otto in einer Nebenbemerkung so etwas wie eine lobende Erwähnung für "Blutgletscher" fallen ließ. Denn ansonsten ging Marvin Krens gewitzter Öko-Grusel leider leer aus .

Auch ein paar anderen Filmen dieses gelungenen Wettbewerbs hätte man mehr Erfolg gegönnt: der schnörkellos erzählten Prostitutionsgeschichte "Viktoria" etwa oder den formal mutigsten Werken "Fräulein Else", einer merkwürdig entrückt wirkenden Schnitzler-Adaption, und "Die Geschichte vom Astronauten", einer bewusst spröden Geschichte um Verlust und Trauer.

Ein anderer Film, der ebenso wie "Love Steaks" als Improvisation entstand, wurde gleich doppelt belohnt: "Männer zeigen Filme & Frauen ihre Brüste" von Isabell {Scaron}uba. Die Jugendjury zog ihren Hut, und ebenso gab es den neuen, etwas dröge (und fast publikumsabschreckend) betitelten "Preis für den gesellschaftlich relevanten Film". So charmant und gut gespielt diese Geschichte einer bärbeißigen Regisseurin und eines inkompetenten Filmproduzenten in Cannes auch ist - seinem betont geschlechterpolitischen Titel wird der Film, der am Ende inhaltlich verpufft, nicht gerecht. Und so ganz will es nicht zum Titel als kritische These passen, dass der Film das nackte Hinterteil der Hauptdarstellerin zeigt, nicht aber das des Hauptdarstellers.

Apropos Darsteller - Vincent Krüger und Liv Lisa Fries waren zwingende Preisträger: Er als überforderter junger Vater im mittellangen Film "Sunny", sie als totkranke junge Frau, die in die Schweiz reist, um zu sterben. Sie ist das Zentrum des berührenden Films und trägt ihn auch über die Passagen hinweg, die man als konstruiert und von der Musik als zu gefühlig begleitet empfinden kann.

Insgesamt einen guten Jahrgang bot dieses 35. Festival: viel Gelungenes, Gewitztes und vor allem Selbstbewusstes. Mochte es in dem ein oder anderen Werk dramaturgisch etwas knirschen (etwa im leer ausgegangenen Film "Vergrabene Stimmen"), lag das auch am Mut der Filmemacher, einen eigenen Weg einzuschlagen und übliche Zuschauererwartungen (etwa die von sympathischen Figuren) nicht zu erfüllen.

Charmant und zügig hatte Lutz Winde am Samstagabend durch das zweistündige Programm geführt, bei dem es sehr viel Jubel für die Festivalleiter Gabriella Bandel und Philipp Bräuer gab. "Wir müssen dem Profil treu bleiben", sagte Bräuer über das Festival, das in diesem Jahr mit einer Finanzlücke von 40 000 Euro zu kämpfen hatte. "Das ist nicht einfach bei den finanziellen Rahmenbedingungen - aber wir sind optimistisch." Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD) und Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) waren zugegen und lobten auf der Bühne den Ophüls-Preis - für Kramp-Karrenbauer "belebt das Festival das ganze Saarland", es sei "nicht wegzudenken". Eine frohe Botschaft für das Festival, wenn es im nächsten Jahr darum geht, mit der Politik über den Eine-Million-Euro-Etat des von Stadt und Land maßgeblich unterstützten Festivals zu sprechen. Denn selbst wenn der seit Jahren stabil ist, lassen ihn Inflation und Preissteigerung schrumpfen. Für Ophüls wird es also nicht einfacher.

Zum Thema:

Auf einen BlickMax Ophüls Preis: "Love Steaks" von Jakob Lass.Preis der Saarländischen Ministerpräsidentin:"Familienfieber" von Nico Sommer.Preis für den gesellschaftlich relevanten Film undPreis der Jugendjury: "Männer zeigen Filme & Frauen ihre Brüste" von Isabell {Scaron}uba.Fritz-Raff-Drehbuchpreis: "Sitting next to Zoe",Buch: Stefanie Veith und Ivana Lalovic.Publikumspreis: "High Performance" von Johanna Moder.Interfilm-Preis: "Seme - Schlage nicht um zu gewinnen,gewinne, dann schlage" von Il Kang.Nachwuchsdarsteller: Liv Lisa Fries und Vincent Krüger.Publikumspreis für den Mittellangen Film: "Besuch im Wald" von David und Elena Gruschka.Kurzfilmpreis: "Wo wir sind" von Ilker Çatak. Lobende Erwähnung an "Rote Flecken" von Magdalena Lauritsch.Publikumspreis Kurzfilm: "Alter Egon" von Levin Hübner. Bester Dokumentarfilm: "Earth's Golden Playground" von Andreas Horvath. Lobende Erwähnung an:"Neuland" von Anna Thommen.Förderpreis der DEFA-Stiftung: "Journey to Jah"von Noël Dernesch und Moritz Springer. redJury-Begründungen unter www.max-ophuels-preis.de

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