Merkwürdig. "Halt mich, bis der Tag anbricht, bis zum ersten Licht", singt Niels Frevert, und "Ohne Dich ist mir einsam und kalt". Dazu schmachten nicht wenige Geigen - aber kitschig klingt das Ganze nicht. Vielleicht liegt es an Freverts Art zu singen: beiläufig wirkend, lässig, was einen reizvollen Kontrast bildet zur Instrumentierung, die bei dem Hamburger noch nie so opulent war wie hier.

In den 90ern war er Sänger und Schreiber bei der Band Nationalgalerie, seit 1997 bringt er Alben unter seinem Namen heraus. "Paradies der gefälschten Dinge" ist das fünfte, das erste bei Herbert Grönemeyers Firma Grönland - und insgesamt ein Album zum Niederknien. Frevert erzählt von großen Gefühlen, aber weder mit Pathos noch mit ironischer Brechung - er meint, was er singt, und man glaubt es gerne. Da geht es, natürlich, um die Liebe als Himmelsmacht, aber auch um Greifbareres: um einen Fahrradunfall, bei dem Meeresfrüchte eine Rolle spielen, um Leben in der Psychiatrie und um eine Ufo-Landung während eines Kirchentages. Wird Jesus aus dem Flugobjekt steigen?

Frevert geht diesen Geschichten mit lakonischer Lyrik nach, während die Arrangements das Gegenteil bieten - mit Geigenteppichen, Bläsern, Klavier und Vibraphon. Das erinnert in manchen Momenten an die britischen Kollegen von Prefab Sprout oder The Blue Nile, Meister eines introvertierten, schlauen Edel-Pop.

Manchmal verschlanken sich die Arrangements, was der Dramaturgie des Albums gut tut und besonders berührende Momente schafft - nicht zuletzt "Die Abbiegung", ein Stück aus der Sicht eines Elternteils, zwischen Ermüdung und Hoffnung schwankend, nach langen Erziehungskämpfen: "Als Dein Feind werde ich Dir nicht mehr zur Verfügung stehen / weil ich nicht mehr kann / weil ich nicht mehr will." Einer der Höhepunkte eines famosen Albums.

Niels Frevert: Paradies der gefälschten Dinge. (Grönland /Rough Trade). Konzert: 19. 11., Kleiner Club der Garage (Sb). Karten: www.garage-sb.de