Das große Stühlerücken in der Kulturabteilung

Saarbrücken · Bis Herbst wird das Kultusministerium „umstrukturiert“. In der Kulturabteilung passiert besonders viel. Minister Commerçon verzichtet jedoch erst einmal auf einen personellen Neustart. Warum?

Die große Koalition möchte die saarländische Bürokratie "zur effektivsten Landesverwaltung Deutschlands" machen. Deshalb steht auch das Kultusministerium vor einer grundlegenden Reorganisation. Im Herbst, vor dem Umzug der rund 300 Mitarbeiter in die Saarbrücker Alte Post, soll die personelle Neuaufstellung bewältigt sein. Besonders betroffen ist die Kulturabteilung: 27 Mitarbeiter, sechs (!) Referatsleiter, die Spitze muss neu besetzt werden. Denn Abteilungsleiterin Helga Knich-Walter (Jahrgang 1952) und ihre Stellvertreterin Christa Matheis räumen altersbedingt ihre Stühle.

Matheis ist schon weg

Matheis - eine "Gefolgsfrau" von SPD-Minister Diether Breitenbach (1985-1996) - hat sich bereits verabschiedet. Sie war eine stabile "Stütze" für den Kulturbetrieb wie auch für wechselnde Minister. Knich-Walter, die 1999 als Chefin der von CDU-Ministerpräsident Peter Müller gegründeten Stabsstelle Kultur antrat und 2002 die Abteilungsleitung im Ministerium übernahm, tritt ab 1. November in die Ruhephase der Altersteilzeit ein. Doch nicht nur das: zwei Referatsleiter verlassen oder verließen bereits die "Abteilung E". Eine ideale Gelegenheit für Kulturminister Ulrich Commerçon (SPD), die personelle Aufbruchs-Fanfare zu blasen. Doch er tut es nicht.

Im Sommer begann ein großes Stühlerücken, über das das Kultusministerium mit Hinweis auf den "personenrechtlichen Datenschutz" keine Auskünfte erteilt. Gleichwohl legten SZ-Recherchen offen, dass Peter Arnold (64) der Nachfolger von Knich-Walter wird - als Übergangs-Kandidat. Der Jurist - ebenfalls ein Mann aus sozialdemokratischen Breitenbach-Tagen - leitete bisher die "Zentralabteilung" (Personal, Organisation, Besoldung). Doch schon im Dezember 2014 muss Arnold sein Amt wieder räumen; er geht in den Ruhestand. Arnolds Berufung wird der SZ von Minister Commerçon bestätigt: "Peter Arnold kennt die Kulturabteilung von seiner früheren Tätigkeit her. Er ist eine integrierende Figur und genießt hohe Akzeptanz. Zudem kennt er die Rechtstechnik und ist der richtige Mann für unsere nächste große Aufgabe, die Denkmalschutznovelle." Die Entscheidung für Arnold verschaffe ihm, Commerçon, Luft, um für die Leitungs-Funktion eine langfristige Perspektive zu finden, meint der Minister: "Personalentwicklung braucht Zeit." Zu weiteren Personalveränderungen sagt Commerçon nichts.

Fest steht jedoch, dass Hartmut Wagner (Referatsleiter Grundsatzangelegenheiten, Recht) schon seit Juli eine halbe Professur an der Hochschule der Bildenden Künste Saar (HBK) innehat, für Philosophie, Ästhetik, Urheberrecht. Außerdem wird Wagners Kollege Horst-Peter Eisenbeis wohl seinen Dienstsitz wechseln. Nach SZ-Informationen winkt dem CDU-Referatsleiter für Breitenkultur eine besser dotierte Stelle in der Staatskanzlei (CDU).

So kommt denn nun viel Bewegung in eine Abteilung, die zwar als fleißig, aber nicht als besonders kreativ-dynamisch gilt. Das war mal anders. Etwa, als ein Josef Gros (CDU) über Jahrzehnte die Kulturabteilung des Kultusministeriums leitete - bis heute ist der hoch betagte Gros ein Kulturaktivist geblieben. Auch sein Nachfolger in SPD-Regierungs-Zeiten, Heinzjörg Müller, war ein allgegenwärtiger Kulturenthusiast. Diese Ära ging ohne Zweifel mit der Kulturjournalistin und Industriekultur-"Lobbyistin" Knich-Walter zu Ende. Die zunächst Ideen sprühende Intellektuelle zeigte sich zwar ebenfalls häufig, doch sie wirkte schnell amtsmüde, ja gelähmt. Wurde sie ausgebremst, durch Staatssekretärin Susanne Reichrath? Die setzte man Knich-Walter dann auch noch 2010 als Kulturkoordinatorin an die Seite.

Tempi passati. Nun also steht erst mal eine Interims-Führung an. Arend ist kein ausgewiesener Kulturmann. Dies dürfte in der Szene den Eindruck verstärken, Commerçon pflege ein ausgeprägtes Faible für Verwaltungs-Technokraten. "In der Kulturabteilung sitzen mehr Juristen als Kulturleute", hört man.

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