Das entblößte Parlament

Das war gestern im Bundestag keine Glanzstunde der Demokratie. Das NPD-Verbotsverfahren ist in die Mühlen eines eher kleinkarierten Streits der Parteien geraten.

Man muss kein Prophet sein, um zu sehen, dass sie damit dem ganzen Vorhaben einen Bärendienst erwiesen haben.

Denn auch wenn es die Karlsruher Richter, die über das Parteiverbot zu entscheiden haben, nicht zugeben würden: Selbstverständlich schwächt das Gezänk die Erfolgaussichten des Verbotsantrags der Länder. Das weiß man in jeder Staatskanzlei, das waren auch die Befürchtungen. Das Argument, es komme nicht auf die Menge der Anträge, sondern auf die Stichhaltigkeit der Beweise gegen die NPD an, ist zwar richtig. Aber nur, wenn man rein rechtlich argumentiert. Ein Verbotsverfahren gegen eine Partei hat aber immer auch eine politische Dimension - und Botschaft.

Was die Parteien stattdessen gemacht haben, ist die große Kunst des parlamentarischen Zerredens. Kaum jemand hat in dieser Sache eine besonders gute Figur gemacht. Die FDP ist zwar die einzige Partei, die konsequent bei ihrer Ablehnung geblieben ist. Sie hat aber mit dem Satz "Dummheit lässt sich nicht verbieten" ihre Haltung selbst recht dümmlich begründet. SPD und Grüne, die nach der Bundestagswahl zusammen regieren wollen, haben gegeneinander einen parlamentarischen Kleinkrieg geführt, an dessen Ende sich die Grünen bei der Abstimmung enthielten. Diffuser geht es nicht. Und die Union hat in der Verbotsfrage wie die von ihr getragene Bundesregierung kräftig laviert. So wird aus einer "Angelegenheit von großer Ernsthaftigkeit" (SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann) parteipolitisch kleines Karo. Es wäre Aufgabe der Partei- und Fraktionsvorsitzenden insbesondere der großen Volksparteien gewesen, eine solche Entblößung des Parlaments zu verhindern und die Demokraten gegen die Verfassungsfeinde in Stellung zu bringen. Um so mehr, wo doch alle der Auffassung sind, dass die NPD verfassungsfeindlich ist und aggressiv einer rechtsextremen Gesinnung nachhängt. Doch stattdessen ziehen sie sich das gemeinsame Fundament gegenseitig wieder unter den Füßen weg.

Das zeugt bei einem verfassungsrechtlich so gravierenden Thema wie dem eines Parteienverbots von geringer politischer Klugheit. Und niemand wird doch ernsthaft glauben, dass die Richter in Karlsruhe dies nicht registrieren, dass sie das fatale Signal eines zerrissenen Parlamentes einfach außen vor lassen. Das Scheitern des Verbotsantrages der Bundesländer ist nach der gestrigen Debatte jedenfalls noch wahrscheinlicher geworden. Man kann sich gut vorstellen, mit welcher Freude NPD-Funktionäre den Streit im Parlament verfolgt haben.

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