Das Ende des Politikers Nicolas Sarkozy

Paris · Analyse Wegen illegaler Wahlkampf-Finanzierung soll dem Ex-Staatschef der Prozess gemacht werden. Es ist die nächste bittere Nachricht aus Frankreichs Politik.

Nicolas Sarkozy war mit Frau und Tochter im Winterurlaub, als ihn die Nachricht erreichte: Der Ex-Präsident muss wegen illegaler Wahlkampf-Finanzierung vor Gericht. Um rund 20 Millionen Euro soll er 2012 das vorgeschriebene Finanzlimit überschritten haben. Bei 22,5 Millionen liegt die Obergrenze für Ausgaben im Wahlkampf in Frankreich, doch Sarkozys Kampagne gegen den Sozialisten François Hollande soll 42,8 Millionen Euro gekostet haben.

Der konservative Kandidat soll zweimal davon unterrichtet worden sein, dass seine Kampagne finanziell aus dem Ruder lief. Schon drei Wochen nach dem Auftakt im März 2012 übergab Wahlkampfleiter Guillaume Lambert "Sarko" eine entsprechende Notiz der Buchhalter. Doch der hyperaktive Politiker bremste sich nicht, sondern legte noch drauf: 44 Kundgebungen hielt er in gut vier Monaten ab. Dabei war sein Hang zum Luxus bekannt. So ließ er sich für einen Wahlkampfauftritt in Bordeaux extra ein weißes Ledersofa in die Loge stellen und in Lyon einen blauen Teppich legen. Die Eventagentur Bygmalion half mit einer doppelten Buchführung dabei, das Geld für die pompösen Großveranstaltungen nach US-Vorbild in den Wahlkampf zu pumpen.

Die Millionen für die Kampagne gingen offiziell auf das Konto von Sarkozys konservativer UMP - für Veranstaltungen, die es nie gab. Vom System der fingierten Rechnungen wusste der Kandidat dem Untersuchungsrichter zufolge nichts. Doch dass das Budget explodierte, muss ihm bekannt gewesen sein. "Die Autorität von Nicolas Sarkozy, seine politische Erfahrung und die Bedeutung seiner neuen Kandidatur machen die Hypothese eines von seiner Kampagne abgekoppelten Kandidaten wenig glaubwürdig", zitierte "Le Monde" aus dem Dossier.

Sarkozy, der von 2007 bis 2012 Präsident war, hatte sich bei den Vorwahlen der Republikaner im November um eine erneute Kandidatur beworben. Er schied aber schon in der ersten Runde mit blamablen 21 Prozent gegen François Fillon aus. Fillon ist ebenfalls im Visier der Justiz: Die Finanzstaatsanwaltschaft muss klären, ob seine Frau Penelope tatsächlich für mehr als 3600 Euro netto im Monat Vollzeit als Parlamentsassistentin arbeitete oder nur zum Schein beschäftigt war.

Während Fillon noch an seiner Kandidatur festhält, ist das Ende des Politikers Nicolas Sarkozy endgültig besiegelt. Der Ex-Staatschef, dessen Comeback in den vergangenen Tagen immer wieder diskutiert wurde, landet auf der Anklagebank. Nach Jacques Chirac ist "Sarko" der zweite Präsident der vergangenen Jahrzehnte, dem der Prozess gemacht wird. Lange hatte der Tausendsassa sich aus seinen juristischen Affären gewunden. Eine neue Kampagne und eine mögliche Wiederwahl sollten die Richter für die nächsten Jahre von ihm fern halten. Doch die Rechnung ging nicht auf. Sarkozy ist in zu viele Affären verwickelt, als dass er nun weiter unbehelligt als Polit-Rentner leben könnte.

Mitleid hat kaum einer. Denn dass die Franzosen Sarkozy nicht mehr wollen, haben sie im November deutlich gezeigt. Der Konservative hat nicht nur versucht, die Wähler mit deutlich mehr Geld als erlaubt für sich zu gewinnen. Er hat auch das Präsidentenamt in den Dreck gezogen. Ein Staatschef, der die Augen vor der Explosion seiner Wahlkampfkosten verschließt, kann auch kein Land führen. Gut, dass die Justiz nun sein kriminelles Verhalten ans Licht bringt. Aber Sarkozy hinterlässt eine Spur des Misstrauens, die fatal ist für die französische Politik.

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