Das Ende der Deputatkohle naht

Saarbrücken · Über 5000 saarländische Bergleute erhalten einen Teil ihres Lohns oder der Rente in Kohle. Mit dem nahenden Ende des Steinkohle-Bergbaus ist damit allerdings Schluss. Statt der Kohle gibt es dann Geld.

 Ein Arbeiter verlädt Anthrazit-Kohle – Deputatbezieher erhalten die zurzeit noch gratis. Foto: iris Maurer

Ein Arbeiter verlädt Anthrazit-Kohle – Deputatbezieher erhalten die zurzeit noch gratis. Foto: iris Maurer

Foto: iris Maurer

Wenn man in den Hof des Saarbrücker Brennstoffhändlers Kohlen-Union B. Schönbucher schaut, hat das mit Kohle eigentlich gar nicht mehr so viel zu tun. Zu sehen ist da vor allem viel Holz. Daran lässt sich gut ablesen, wohin der Trend geht: weg von der Kohle, auch im Saarland. Der neue Tarifabschluss zwischen dem Gesamtverband Steinkohle (GVSt) und der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) wird diese Entwicklung noch verstärken: Die Deputatkohle, also der Lohn- und Rentenanteil, den Bergleute in einer 200 Jahre alten Tradition in Kohle ausbezahlt bekommen, wird demnach nämlich Ende 2018 aussterben.

Dann läuft die Förderung deutscher Steinkohle aus, und damit ist auch das Ende der Deputatkohle besiegelt. Bis zu 7,5 Tonnen stehen derzeit noch einem aktiven Bergmann pro Jahr zu, 2,5 Tonnen sind es für Rentner. Anfang des Jahres haben im Saarland noch 5405 aktive und ehemalige Mitarbeiter des Bergbaukonzerns RAG Deputatkohle bezogen. Für die heißt es nun: die Heizung umstellen. Oder ab 2019 die Kohle auf dem Markt einkaufen.

Aus "heimischer Produktion"

Seit der Stilllegung der Kokerei Fürstenhausen 1999 wird der Hausbrand aus Ibbenbüren in Nordrhein-Westfalen ins Saarland geliefert. Wenn aber auch die letzten Steinkohle-Bergwerke in Deutschland schließen, müsste die Deputatkohle theoretisch auf dem Weltmarkt eingekauft und hergeschafft werden. Die Qualität der fremden Kohle ließe sich aber nur schwer einschätzen, sagt RAG-Sprecher Karl-Heinz Pohmer. Dietmar Geuskens, Leiter des IG-BCE-Bezirks Saarbrücken , weist zudem darauf hin, dass die Deputatkohle laut Tarifvertrag aus "heimischer Produktion" kommen solle, was mit einem Einkauf auf dem Weltmarkt ja nicht vereinbar wäre.

Ab 2019 bekommen deshalb die RAG-Mitarbeiter, die dann - vor allem im kaufmännischen Bereich und in der Wasserhaltung - noch aktiv oder im Vorruhestand sein werden, keine Kohle mehr, sondern Geld , die sogenannte Energiebeihilfe. Von den insgesamt knapp 22 000 bezugsberechtigten aktiven und ehemaligen Bergleuten im Saarland hat sich aber schon längst die Mehrzahl gegen die Kohle und für die Energiebeihilfe entschieden - ein Zeichen, dass viele gar nicht mehr mit Steinkohle heizen.

Rentner und Witwen erhalten laut der neuen Deputat-Regelung bereits jetzt eine Abfindung. Die liegt laut Geuskens bei mindestens 1185 Euro. Wer sich bis Ende 2018 aber noch mit Deputatkohle beliefern lassen will, kann das tun, und wird erst im Anschluss abgefunden. So hätten diejenigen, die noch mit Kohle heizen, Zeit, sich umzustellen, sagt Geuskens.

Das blüht möglicherweise auch dem Quierschieder Gerhard Büchy, früher Bergmann unter Tage und seit fünf Jahren im Vorruhestand . Büchy heizt mit Kohle, vor zwei Jahren erst hat er sich einen neuen Ofen angeschafft, weil der alte defekt war. Wie es 2019 für ihn weitergehen wird, weiß er noch nicht. Entweder er probiert es mit Kohle aus dem Ausland, er hätte da schon einen Händler in Polen im Blick. Oder er stellt um, auf Fernwärme oder auf Pellets, denn auch die lassen sich in dem neuen Ofen verfeuern.

Gerade im Saarland müsse man das Ende der Deputatkohle und das schleichende Ende der Kohle generell natürlich aus einer gewissen Tradition betrachten, sagt Ulrich Schönbucher, Chef der Kohlen-Union B. Schönbucher. "So ein Bergmann, der sich mit seinem Arbeitsplatz und mit seiner Kohle identifiziert, für den war es selbstverständlich, dass er morgens geschürt hat." Nicht ohne Grund heiße es im Bergbau, dass Kohlewärme eben einfach die schönere Wärme sei. Die Zukunft gehört der Kohle trotzdem nicht. Daran hat sich auch Schönbucher längst angepasst: "Die Erneuerbaren Energien kommen mit aller Macht."

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