Darf man mit Kunst Haushaltslöcher stopfen?

Bonn · Der Verkauf der Warhol-Bilder aus dem Besitz des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) hat Schlagzeilen gemacht. Und er könnte zum Dammbruch werden, fürchten die deutschen Kunsthistoriker. Deshalb wenden sie sich an die Regierung von NRW.

Der Verband Deutscher Kunsthistoriker hat bei NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD ) gegen weitere Verkäufe von Kunstwerken aus öffentlichem Besitz protestiert. Was sich im November mit dem Verkauf der Warhol-Werke angekündigt habe, scheine in noch weitaus erschreckenderem Rahmen mit der Kunstsammlung der Portigon AG fortgesetzt zu werden, heißt es in dem Offenen Brief des Verbandes, der gestern in Bonn veröffentlicht wurde. Viele der Werke befänden sich an öffentlichen Orten, mitunter seit Jahrzehnten als Dauerleihgaben in nordrhein-westfälischen Museen. Die Pläne seien ein "besorgniserregender Dammbruch". Der Portigon AG war der Kunstbesitz der WestLB übertragen worden, die als Landesbank über Jahrzehnte Kunst angekauft hatte. Zu der über 200 Werke umfassenden Sammlung der Portigon AG zählten Werke von August Macke, Gabriele Münter, Joseph Beuys , Eduardo Chillida , Günther Uecker und Isa Genzken.

Nach den Plänen der Landesregierung stünden nun auch Kunstwerke zur Disposition, die Museen anvertraut worden seien - so etwa zwei hochbedeutende, um 1450 entstandene Tafeln des sienesischen Malers Giovanni di Paolo, die sich seit langem im Westfälischen Landesmuseum Münster befänden. Die WestLB habe sie seinerzeit gekauft, um sie dauerhaft für das Museum zu sichern. Aus gutem Grund sei Museumsbesitz unveräußerlich gestellt, um ihn den Konjunkturen des Zeitgeschmacks oder ökonomischer Bewertungen zu entziehen, schreiben die Kunsthistoriker.

NRW-Kulturministerin Ute Schäfer (SPD ) hatte eine offene Debatte über den Umgang mit Kunst landeseigener Unternehmen gefordert. Sie schlug die Einrichtung eines Runden Tisches vor. Den wiederum lehnt NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD ) ab. Er betonte, man könne einem Unternehmen, das sich letztendlich auflösen müsse, nicht verbieten, seine Aktiva in Form von Kunstwerken anzutasten. Darüber könne zudem kein Runder Tisch entscheiden.

Der Casino-Betreiber des Landes NRW, Westspiel, hatte im November zwei Bilder von Andy Warhol für rund 120 Millionen Euro versteigern lassen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort