Damit mehr Ältere länger arbeiten

Die Bundesregierung setzt in der nächsten Woche eine Arbeitsgruppe ein, die bis Herbst Vorschläge für flexiblere Übergänge in den Ruhestand entwickeln soll. Ziel der Union ist es, das Weiterarbeiten im Rentenalter attraktiver zu gestalten. SPD und Gewerkschaften wollen dagegen die Rente mit 67 weiter aufweichen. Der DGB macht sich sogar für eine Teilrente ab 60 stark. Über diese gegensätzlichen Positionen sprach SZ-Korrespondent Stefan Vetter mit dem Chef der Unions-Mittelstandsvereinigung, Carsten Linnemann.

Herr Linnemann, Sie gelten als Ideengeber der Flexi-Rente und Mitinitiator der Arbeitsgruppe. Drohen dort jetzt zwei Züge aufeinander zu fahren?

Linnemann: Es liegt in der Natur der Sache, dass man vor der Kommissionsarbeit unterschiedliche Standpunkte vorfindet. Sonst bräuchten wir keine Arbeitsgruppe. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir am Ende zu einer guten Lösung kommen werden. Uns eint das Ziel, dass wir mehr Beschäftigung Älterer ermöglichen wollen .

Die Gewerkschaften , die ebenfalls mit am Tisch sitzen werden, argumentieren, dass der dringendste Handlungsbedarf vor dem Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze bestehe und nicht danach. Was halten Sie dem entgegen?

Linnemann: I m Schnitt werden in den nächsten Jahren 300 000 Menschen pro Jahr mehr ins Rentenalter kommen, als Jüngere auf den Arbeitsmarkt nachrücken. Das, was demografisch prognostiziert wurde, tritt jetzt ein: Die Babyboomer gehen in Rente. Wir stehen also vor einer riesigen Herausforderung .

Von den über 65-Jährigen wollen aber nur die wenigsten weiterarbeiten. Nur acht Prozent sind derzeit noch erwerbstätig. Wirkt da eine Debatte über das Arbeiten mit 67 plus nicht fehl am Platz?

Linnemann: Im Gegenteil. Die niedrige Zahl zeigt doch gerade, wie viel Nachholbedarf wir bei der Beschäftigung Älterer haben. Nach einer aktuellen Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung will rund die Hälfte der Beschäftigten über 55 länger arbeiten. Das Umdenken hat also bereits begonnen, die gesetzlichen Rahmenbedingungen müssen noch folge n.

Im gerade verabschiedeten Rentenpaket ist ein Passus enthalten, wonach Personen im Rentenalter befristet weiter arbeiten können. Warum reicht Ihnen das nicht?

Linnemann: Richtig, die große arbeitsrechtlich e Hürde ist damit nach vielen Jahren endlich beseitigt worden. Dieser Teil der Flexi-Rente ist damit bereits umgesetzt. Im Sozialrecht gibt es dagegen noch offene Fragen. Beispielsweise müssen Arbeitgeber für Rentner, die weiterbeschäftigt werden, Renten- und Arbeitslosenbeiträge zahlen, obwohl daraus keine Ansprüche mehr resultieren. Das darf nicht so bleiben. Es ist Unsinn, für etwas Beiträge zu zahlen, für das es keine Leistung gi bt.

Der DGB will die geltende Teilrente ab 63 reformieren, damit Beschäftigte schon ab 60 gleitend aus dem Arbeitsleben ausscheiden können. Bekommen wir am Ende die Flexi-Rente mit 60?

Linnemann: De r DGB kann Frühverrentungsmodelle fordern, er hat ja auch keinen Koalitionsvertrag unterzeichnet. Dort ist jedenfalls vereinbart worden, dass wir den Erfahrungen und Potenzialen Älterer mehr Geltung verschaffen wollen anstatt weniger. Es geht darum, Beschäftigungshürden abzubauen, statt neue zu erricht en.

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