Daimler schließt Entlassungen nicht aus

Berlin. Daimler-Chef Dieter Zetsche sieht die Autobranche in einer "Jahrhundertkrise" und schließt selbst bei dem schwäbischen Vorzeigeunternehmen Entlassungen nicht mehr aus. "Nach unserer Einschätzung werden die Automobilmärkte die Talsohle frühestens in der zweiten Jahreshälfte durchschreiten", sagte Zetsche gestern auf der Hauptversammlung in Berlin

Berlin. Daimler-Chef Dieter Zetsche sieht die Autobranche in einer "Jahrhundertkrise" und schließt selbst bei dem schwäbischen Vorzeigeunternehmen Entlassungen nicht mehr aus. "Nach unserer Einschätzung werden die Automobilmärkte die Talsohle frühestens in der zweiten Jahreshälfte durchschreiten", sagte Zetsche gestern auf der Hauptversammlung in Berlin. In allen Sparten des DAX-Konzerns müsse der Gürtel enger geschnallt werden. Den Mitarbeitern will Zetsche mit einem Bündel an Sparmaßnahmen herbe Lohneinbußen abverlangen. "Das erste Quartal wird deutlich negativ", sagte der Konzernlenker. Zu Entlassungen könne es im äußersten Fall kommen, wenn die Krise weiter anhält. Ein Beschäftigungssicherungspakt schließt betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2011 aus. In Krisenzeiten kann davon aber abgewichen werden, sofern der Betriebsrat zustimmt. Für das Gesamtjahr stellt sich der Stuttgarter Autobauer wegen des seit Monaten anhaltenden Sinkfluges beim Absatz auf einen "deutlichen Rückgang des Geschäftsvolumens" ein. Beim Ergebnis werde mit "weiteren erheblichen Belastungen" gerechnet, sagte Zetsche. Der Umsatz werde voraussichtlich in allen automobilen Geschäftsfeldern rückläufig sein.Zetsche räumte ein, im vergangenen Jahr nicht sofort auf den Absatzeinbruch reagiert zu haben. "Ich gebe zu: Im Nachhinein würden wir uns wünschen, wir hätten Mitte letzten Jahres sogar noch früher gebremst." Um die Bilanz zu entlasten, soll die Zahl der auf Halde produzierten Fahrzeuge nach und nach zurückgefahren werden. Als Reaktion auf die dramatische Krise will Zetsche 2009 mehrere Milliarden Euro einsparen. Allein die Personalkosten in Deutschland sollen um rund zwei Milliarden Euro sinken. Die Kurzarbeit für die 68 000 Produktionsbeschäftigten in den deutschen Werken reiche nicht mehr aus. Nun soll auch die Wochenarbeitszeit für 73 000 Mitarbeiter in Verwaltung, Einkauf sowie Forschung und Entwicklung um bis zu fünf Stunden gekürzt werden. Dies bedeutet Lohneinbußen von bis zu 14 Prozent. Die Verhandlungen mit dem Betriebsrat sollen Ende April abgeschlossen sein. Außerdem sollen die Kosten in der Verwaltung 2009 noch einmal um 500 Millionen Euro gedrückt werden. Die Aktionäre sollen sich mit einer von 2,00 Euro auf 0,60 Euro gekappten Dividende zufrieden geben. Der Pkw-Absatz ist seit Monaten auf Talfahrt, in den ersten drei Monaten 2009 brachen die Verkäufe im Vergleich zum Vorjahr um 23 Prozent ein, bei den Nutzfahrzeugen um 39 Prozent. Schon 2008 war der Gewinn des Konzerns um fast zwei Drittel auf 1,4 Milliarden Euro zusammengeschmolzen. Das operative Ergebnis schrumpfte von 8,7 Milliarden Euro auf 2,7 Milliarden Euro. Der Umsatz ging um vier Prozent auf 95,9 Milliarden Euro zurück. dpa Meinung

Viele hausgemachte Fehler

Von SZ-RedakteurThomas Sponticcia Mit dem Vorwand der Wirtschaftskrise kann man derzeit auch zahlreiche hausgemachte Fehler in den Unternehmen übertünchen. So geschieht das gerade bei Daimler. Nett, dass Vorstands-Chef Dieter Zetsche gestern in der Hauptversammlung einräumte, nicht rechtzeitig auf den Rückgang der Nachfrage reagiert zu haben. Schnelle und besonnene Reaktionen auf geänderte Marktverhältnisse zeichnen aber einen Spitzenmanager aus. Zetsche, der auch über internationale Erfahrungen in der Autoindustrie verfügt, wird mit 5,4 Millionen Euro bezahlt. Daimler hat sich viel zu lange auf seinem Nobel-Image ausgeruht. Die Modell-Palette wurde nicht kritisch genug hinterfragt. Um Kleinwagen wurde sich zu wenig gekümmert. Für die Fehler büßen die Daimler-Mitarbeiter. Der Vorstand kommt ungeschoren davon.

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