Cluster-Chefs in Lauerstellung

Saarbrücken · Um die Autobauer und ihre Zulieferer kümmern sich im Saarland gleich zwei Netzwerke (Cluster). Das eine ist staatlich gefördert, das andere ein privater Verein. Eifersüchtig beäugen sich die Cluster-Chefs.

 In der saarländischen Automobil- und Zulieferindustrie sind rund 46 000 Arbeitnehmer beschäftigt. Unser Foto zeigt die Produktion von Ford in Saarlouis. Foto: rolf ruppenthal

In der saarländischen Automobil- und Zulieferindustrie sind rund 46 000 Arbeitnehmer beschäftigt. Unser Foto zeigt die Produktion von Ford in Saarlouis. Foto: rolf ruppenthal

Foto: rolf ruppenthal

Das Saarland ist ein Autoland. Die Fahrzeugbauer und Zulieferer beschäftigen rund 46 000 Mitarbeiter. Damit die Firmen ein wenig saarländisches Wir-Gefühl entwickeln, sorgt sich so mancher Netzwerker um sie, bietet Hilfe und Betreuung an. Seit 2003 ist an der Saar das Cluster "Automotive.Saarland" für diese Nestwärme zuständig. 2006 übernahm Armin Gehl, zuvor Pressechef des Bosch-Werks in Homburg, den Chefposten des Clusters. Der Umtriebige brachte frischen Wind in die damals noch lahme Veranstaltung. Den Job des Cluster-Chefs hatte Gehl bis 2012 inne. Nach einem Jahr als Berater schied er mit 65 Jahren aus.

Im Herbst 2014 gründete Gehl einen neuen Verein: die "Autoregion Saar". Dort ist er jetzt Geschäftsführer und hat inzwischen 35 Mitglieder - Gehl zufolge alles namhafte Unternehmen aus der automobilen Szene. Namen lässt er sich "aus Datenschutz-Gründen" nicht entlocken. Der Mitgliedsbeitrag liegt bei 2000 Euro pro Jahr. Dass er damit einen Konkurrenten zu seinem früheren Arbeitgeber "Automotive.Saarland" aufbaut, bestreitet Gehl. "Die Organisationen ergänzen sich", so seine Auffassung. Sein Verein sei ein "Cluster der Großregion". Es seien nicht nur Firmen aus dem Saarland dort vertreten, sondern auch Unternehmen aus Rheinland-Pfalz, Frankreich und Luxemburg. "Wenn wir eine Veranstaltung organisieren oder uns bei Autoherstellern präsentieren, ist es doch besser, wenn möglichst viele Firmen aus der Großregion Flagge zeigen und nicht jede Teilregion mit wenigen Firmen vertreten ist", meint Gehl. Er lädt das von Land und EU unterstützte Cluster "Automotive.Saarland" ein, "Mitglied in unserem Verein zu werden".

Doch die Angesprochenen zieren sich. Es sind die Geschäftsführer der Standort-Agentur Saaris: Christoph Lang, Volker Giersch und Jörg Kugler. Bei Saaris (vormals ZPT) ist "Automotive.Saarland" inzwischen angedockt. "Wir sind zu Kooperationen bereit", sagt Lang. "Aber wir unterstützen nur Aktivitäten, die zu unseren komplementär sind." Erklärtes Ziel sei es, "konkurrierende Angebote auszuschließen". Seit März habe der Verein Autoregion versprochen, ein Konzept vorzulegen, dass die Vorhaben von "Automotive.Saarland" ergänzt. "Bislang liegt ein solches Papier nicht vor", sagt Giersch.

Gehl sagt, dass im Oktober ein Themenkalender 2016 erarbeitet wird. Außerdem soll es einen hochkarätig besetzten Neujahrsempfang mit klaren Ansagen für die Zukunft geben. An ihm sollen Klaus Bräunig, Geschäftsführer beim Automobilverband VDA, und Paul Schockmel, Hauptgeschäftsführer des Europäischen Autozulieferverbands Clepa, teilnehmen.

"Automotive.Saarland" kann schon mit einem konkreten Leistungsangebot aufwarten. Anders wäre eine Anschluss-Förderung durch die EU nicht möglich gewesen, die jetzt bis Ende 2020 läuft. Geplant sind unter anderem Technologie-Treffs, Strategieforen oder Kooperationsbörsen - zum Beispiel im Oktober in der Türkei. Das Überregionale will "Automotive.Saarland" ebenfalls angehen. Gehls Nachfolger Pascal Strobel strebt unter anderem eine Kooperation mit lothringischen Autozulieferern an. Später sollen Luxemburg und Rheinland-Pfalz folgen.

Auch ein Gemeinschaftsstand auf der Internationalen Automobilausstellung (IAA) im September in Frankfurt gehört zum Leistungsangebot. Armin Gehl wollte auch mit seiner Autoregion auf dem Stand vertreten sein. Doch "die Teilnahme eines Vereins ist nach den derzeit gültigen Aussteller-Bedingungen der IAA nicht vorgesehen" ließ Saaris ihn wissen.

Gehl hat andere Optionen. Noch sitzt er mit seinem Büro im Haus der Industrie- und Handelskammer (IHK). Er sucht eine neue Bleibe. Von den beiden rheinland-pfälzischen Auto-Clustern sei er gefragt worden, ob er mit der Autoregion nicht ins Nachbarland kommen will. "In Kaiserslautern wäre ein Büro frei", sagt er.

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