Brüssel plant Verfahren gegen Defizitsünder

Brüssel. In der Wirtschafts- und Finanzkrise will die EU-Kommission die EU-Länder zur Budgetdisziplin zwingen. "Die Mitgliedstaaten werden mehr Zeit bekommen, um ihre überhöhten Defizite zurückzuführen. Aber wir werden Defizitverfahren eröffnen", sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso am Wochenende in Brüssel

Brüssel. In der Wirtschafts- und Finanzkrise will die EU-Kommission die EU-Länder zur Budgetdisziplin zwingen. "Die Mitgliedstaaten werden mehr Zeit bekommen, um ihre überhöhten Defizite zurückzuführen. Aber wir werden Defizitverfahren eröffnen", sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso am Wochenende in Brüssel. Barroso machte deutlich, dass der Euro-Stabilitätspakt nicht auf Eis gelegt wird, auch wenn die EU-Staaten im Kampf gegen Wirtschafts-und Finanzkrise Milliardenbeträge zur Schadenbegrenzung und zum Ankurbeln der Konjunktur in die Hand nehmen müssen. "Der Euro kann ohne den Stabilitätspakt nicht existieren." Die Euro-Mitglieder Irland, Spanien, Griechenland, Frankreich und Malta überschritten bereits 2008 die Defizit-Grenze von drei Prozent vom Bruttoinlandsprodukt. Für 2009 werden weiter steigende Defizite erwartet. Für Irland werden beispielsweise elf Prozent erwartet. Barroso ließ offen, gegen welche Länder Verfahren eröffnet werden. Bisher ist kein Euro-Land mit einer Strafprozedur konfrontiert, bei der in letzter Konsequenz milliardenschwere Bußen drohen. Die Euro-Länder beschlossen bereits im vergangenen Jahr, dass ein maßvolles und zeitlich begrenztes Überschreiten der Defizitgrenze angesichts der Krise toleriert wird. Für Deutschland wird für 2010 ein überhöhtes Defizit von 4,2 Prozent erwartet.Der frühere portugiesische Ministerpräsident Barroso wandte sich gegen den Eindruck, dass besonders südeuropäische Länder von der Krise betroffen seien. Großbritannien sei wahrscheinlich das Land in Europa, das am meisten von den Finanzturbulenzen erfasst worden sei. "Der Euro schützt", so Barroso. Das zeige ein Vergleich von Irland und Island, das weder EU- noch Euro-Mitglied sei. "Irland ist nicht so hart von der Krise getroffen worden wie Island." dpa Meinung

Disziplin zur falschen Zeit

Von SZ-RedakteurThomas Sponticcia Europa muss sich entscheiden: Sollen die Staaten nun massiv Geld in die Hand nehmen, um die Konjunktur zu stützen, was jahrelange Folgen hat, oder doch eher strenge Ausgaben-Disziplin wahren? Zweifellos muss Europa wieder zurück zur Ausgaben-Disziplin. Aber erst, wenn die schlimmsten Folgen der Krise vorbei sind. Deshalb sind Barosos Drohungen jetzt überflüssig.

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