Brüssel lobt deutschen Stabilitätspakt

Brüssel. Mitten in der Wirtschaftskrise hat Deutschland aus Brüssel ein dickes Lob für seine vorausschauende Finanzpolitik bekommen. EU-Währungskommissar Joaquin Almunia stellte gestern die Selbstverpflichtung von Bund und Ländern "als positiv" heraus, die sich in der Vorwoche auf einen "internen Stabilitätspakt" geeinigt hatten

Brüssel. Mitten in der Wirtschaftskrise hat Deutschland aus Brüssel ein dickes Lob für seine vorausschauende Finanzpolitik bekommen. EU-Währungskommissar Joaquin Almunia stellte gestern die Selbstverpflichtung von Bund und Ländern "als positiv" heraus, die sich in der Vorwoche auf einen "internen Stabilitätspakt" geeinigt hatten. "Das ist das, was sich die Kommission auch für andere nationale Haushalte wünscht", erklärte der spanische Kommissar, der zugleich gegen insgesamt sechs Mitgliedstaaten ein Defizitverfahren eröffnete. "Niemand denkt im Moment an Sanktionen", ergänzte Almunia. "Während einer Rezession geht es darum, den Ländern bei der Rückkehr zu soliden Staatsfinanzen zu helfen." Betroffen sind neben Frankreich auch Spanien, Irland, Griechenland, Lettland und Malta. Der erste Schritt des Verfahrens sieht eine verstärkte Beobachtung vor, an die sich im zweiten Schritt Hinweise und Verhaltensregeln anschließen. Erst in der dritten Stufe sind - nach mehrfacher Missachtung der Brüsseler Vorgaben - auch Geldbußen vorgesehen. Daran denkt aber in Brüssel niemand, da die Staatsfinanzen durch Banken-Rettungsschirme und Konjunkturprogramme arg strapaziert sind. Allein in der Euro-Zone hat sich das Defizit auf vier Prozent des Brutto-Inlandsproduktes verdoppelt. Der Euro-Stabilitäts- und Wachstumspakt legt eine Obergrenze von drei Prozent neuer Schulden fest, Deutschland (2009: 2,9 Prozent) wird sie im kommenden Jahr überschreiten. Doch die Behutsamkeit der offiziellen Formulierungen täuscht. Hinter den Kulissen macht man sich in Brüssel große Sorgen. Dass Almunia den Regierungen in Athen und Dublin gestern öffentlich riet, schon in diesem Jahr auf Konsolidierungskurs zu gehen, da der Druck auf die Staatsanleihen steige, wurde aufmerksam registriert. Tatsächlich gehören beide Länder zu den Kandidaten, denen aufgrund kurzsichtiger Haushaltspolitik gefährliche Geschäfte mit Anleihen vorgeworfen werden. Mehrfach war sogar von einer Gefahr für den Euro die Rede. Vergleichsweise deutlich wurde der Kommissar auch in Richtung Frankreich. Von dort wird ein Defizit von rund fünf Prozent gemeldet, weil die Regierung sich mit einem 26-Milliarden-Programm gegen den Abschwung zu wehren versucht. Allerdings sei dies nicht die einzige Ursache für die finanziellen Probleme der Regierung Sarkozy. Laut Kommission rächt sich jetzt auch, dass in wirtschaftlich guten Zeiten die Sanierung des Staatshaushaltes nicht konsequent umgesetzt wurde.

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