Brüssel bleibt im Kühlmittel-Streit hart
Brüssel · Im Streit um Kühlmittel für Auto-Klimaanlagen will die EU-Kommission gegen Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten. Der Autobauer Daimler füllt weiterhin das alte Kühlmittel ein.
Der heiße Streit um ein kühlendes Mittel eskaliert. Da sich der Daimler-Konzern weiter weigert, das von der EU-Kommission geforderte Kühlmittel R1234yf in die Klima-Anlagen seiner Limousinen zu füllen, wird Brüssel morgen ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einleiten.
Mit diesem ersten von drei möglichen Schritten erhöht Industriekommissar Antonio Tajani den Druck auf alle beteiligten Seiten. Das Bundeswirtschaftsministerium - als zuständige Regierungsstelle der unmittelbare Ansprechpartner der EU - hat dann einige Wochen Zeit, eine weitere Stellungnahme abzugeben. Sollte diese nicht im Sinne der geltenden Richtlinie ausfallen, kann die Kommission Sanktionen verhängen. Es geht letztlich um den Klimaschutz. Nachdem Brüssel seine Richtschnur zur Vermeidung von CO{-2}-Emissionen in Klima-Anlagen von Autos 2011 verschärft hatte, blieb den Herstellern nur noch ein geeignetes Präparat übrig: R1234yf. Es soll das bis dahin verwendete R134a ablösen. Während die meisten Autobauer brav folgten, sperrte man sich bei Mercedes nach schockierenden Tests. Bei denen hatte sich herausgestellt, dass das neue Kühlmittel in Flammen aufging, sobald die Temperaturen im Motor über 650 Grad ansteigen - eine Belastung, die nach einer zügigen Autobahn-Fahrt oder einem Trip in die Berge leicht erreicht wird. Daimler griff auf das Auslaufmodell R134a zurück.
Dabei konnte man sich zunächst sogar auf die Rückendeckung des Kraftfahrt-Bundesamtes stützen. Allerdings rückte die Behörde zuletzt von ihrer ersten Einschätzung, dass R1234yf brandgefährlich sei, wieder ab und wollte das Mittel auf der Grundlage des Produktsicherheitsgesetzes nicht als "ernste Gefahr" einstufen. Man schob den Ball wieder nach Brüssel, um dort eine Lösung finden zu lassen. Bei der Deutschen Umwelt-Hilfe (DUH) will man diese Kehrtwende ganz und gar nicht verstehen. Gestern wies der Verband auf Versuche hin, die man bei einer Tochterfirma des Tüv Nord hatte ausführen lassen. Dabei stellte sich heraus, dass R1234yf sich bei typischen Fahrzeugbränden (auch ohne auszutreten) in die hochgefährliche Flusssäure zerlegt - ein gravierendes Risiko für Fahrzeuginsassen und Helfer.
Solche Hinweise gab es schon früher, dennoch hielt Brüssel weiter an seinem Vorschlag fest. Die Kommission sorgte zwar vor wenigen Wochen dafür, dass ein zeitweise verhängtes Verkaufsverbot für Mercedes-Limousinen in Frankreich wieder aufgehoben wurde. Auf einen Deal mit dem Autobauer wollte man sich aber nicht einlassen. Denn die Ingenieure nicht nur in Stuttgart, sondern aller deutschen Hersteller arbeiten längst an einer Alternative, die ungefährlich und im gleichen Maße effizient sein soll, bei effektiver Schonung der Umwelt: Kohlendioxid. BMW, Ford, Opel und VW sind an den Forschungen beteiligt. Zum Jahreswechsel wurde bekannt, dass man in Stuttgart erste Prototypen mit der neuen Kühltechnik ausgestattet hatte.