Braun Cartec wächst mit Ideen

Schwalbach · Innovationen entstehen nicht von allein. Dafür müssen Unternehmen etwas tun. Braun Cartec aus Schwalbach geht das Thema mit System an – und wurde dafür ausgezeichnet. Ausgezahlt hat sich das Ideen-Management inzwischen auch.

 Entwicklungschef Ralf Hund (r.) und Normann Fell an einer Warmumformungs-Anlage. Foto: Rolf Ruppenthal

Entwicklungschef Ralf Hund (r.) und Normann Fell an einer Warmumformungs-Anlage. Foto: Rolf Ruppenthal

Foto: Rolf Ruppenthal

Wenn es ein Lexikon für Wirtschafts-Blabla gäbe, fände die Floskel "Innovation sichert Erfolg" darin sicher Platz. Manches Mal trifft sie aber die Wirklichkeit. Ein Beispiel dafür ist Braun Cartec in Schwalbach . Schließlich wurde das Unternehmen kürzlich als eines der innovativsten im deutschen Mittelstand ausgezeichnet. Und der Erfolg - gemessen am Wachstum - ist da. Wurden 2012 mehr als 30 Millionen Euro Jahresumsatz erreicht, sei Braun Cartec in diesem Jahr "kurz vor einem dreistelligen Betrag", sagt Geschäftsführer Patrick Lonsdorfer. Auch die Zahl der Mitarbeiter ist deutlich gestiegen: Seit Anfang 2012 hat sich die Belegschaft auf 240 nahezu verdoppelt, und wenn nächstes Jahr die Produktion in den neuen Hallen im Saarlouiser Industriegebiet Lisdorfer Berg startet, "laufen wir auf 300 Beschäftigte zu".

Braun Cartec hat sich zu einem Spezialisten für Karosserieteile entwickelt, die nicht kalt gepresst, sondern warm geformt werden - bei 900 bis 1000 Grad. Die Vorteile gegenüber der Kalt-Pressung: bis zu 40 Prozent weniger Materialverbrauch, höhere Präzision in der Fertigung und geringeres Gewicht der Bauteile. Braun Cartec kommt aus dem Werkzeugbau , fertigt seit 2007 aber zunehmend selbst Karosserieteile. Inzwischen habe die Serienfertigung die gleiche Bedeutung wie der Werkzeugbau , so Lonsdorfer.

"Tragende Säule für Innovation sind die Mitarbeiter", sagt er. Die Belegschaft habe eine gewachsene Struktur, und "alle wissen, dass es Sinn macht, dass wir einen Wissensvorsprung vor den Wettbewerbern haben". Entwicklungsleiter Ralf Hund fügt hinzu: "Damit keine Idee versandet, sind die Führungskräfte sensibilisiert." Innovationen, also Neuerungen, die große Fortschritte mit sich bringen, womöglich patentwürdig sind, "stehen unter dem Schutz der Geschäftsführung". Auch helfe ein Regelwerk dabei, dass alle Einfälle, mögen sie zunächst auch abwegig erscheinen, genau auf Chancen geprüft werden. Und ein Anreizsystem macht das Engagement für Neues attraktiv. Weitere Voraussetzungen für gelungene Innovationen: "Wir können auf kurzen Wegen entscheiden", sagt Hund. Und "wir haben als Mittelständler alle Ressourcen im Haus", ergänzt Lonsdorfer: Ingenieure in der Konstruktion, die mechanische Fertigung, den Werkzeugbau , Versuchspressen und Serien-Produktion. Das macht es leichter, den Weg vom Einfall zum Prototypen und bis in die Serienfertigung zu gehen. Nicht zuletzt "muss man Zeit für Innovation geben", sagt Hund. Mitarbeiter, die vielversprechende Ideen verfolgen wollen, bekommen Freiräume - bis zu einem Fünftel ihrer Arbeitszeit.

Ein für Braun Cartec großes Projekt erwuchs aus der Idee, das Material bei der Formung der Karosserieteile nicht gleichmäßig, sondern unterschiedlich stark zu erhitzen. Damit können Teile gefertigt werden, die je nach Anforderung hier weicher und dort härter sind. Die Entwicklung und Umsetzung brauchte Jahre. Verschiedene Verfahren wurden ausprobiert. Kern der Lösung ist jetzt ein spezieller Ofen mit fünf Hitzezonen. Damit lassen sich Bauteile mit fünf verschiedenen Härtegraden fertigen. Allein "an dem Ofen wurde mehr als ein Jahr lang gebaut", sagt Hund.

Der Innovationsaufwand hat sich in großen Aufträgen von Porsche und Audi ausgezahlt. Dafür wird nun eigens gebaut. Das Unternehmen errichtet neue Hallen auf dem Lisdorfer Berg. Eigentlich wäre man gerne in Schwalbach geblieben, aber weil ein Anlieger mit einer Klage drohte, musste schnell eine andere Lösung her. Das Unternehmen will mittelfristig komplett umziehen. Zuerst werden zwei Hallen gebaut, um die Serienfertigung für Audi und Porsche auf den Weg zu bringen, die im ersten Quartal 2016 anlaufen soll, wie Lonsdorfer sagt. Die Verlagerung des gesamten Standorts Schwalbach soll Ende kommenden Jahres beginnen. Für den ersten Bauabschnitt sind 20 Millionen Euro eingeplant. Später sollen das weitere Werk in der Saarlouiser Fasanenallee, wo der Laser-Beschnitt und das Schweißen angesiedelt sind, auch umziehen. Das Gesamtprojekt hat ein Volumen von 35 Millionen Euro. Das neue Gelände ist mit neun Hektar so groß, dass weiteres Wachstum möglich ist. Die Erfolgsgeschichte kann also weitergehen.

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