Blutverschmiert und biergetränkt in einer grölenden Meute

Saarbrücken. "Persistence" heißt Ausdauer. Ausdauer haben die beiden Mitte der Achtziger gegründeten Headliner des Abends - Suicidal Tendencies und Biohazard - bereits bewiesen. Seit mehr als 25 Jahren stehen sie nun - mit einigen Unterbrechungen und in wechselnder Besetzung - auf den Bühnen dieser Welt und können sich noch immer einer treuen Anhängerschaft erfreuen

 Wie aus der Geisterbahn: Hardcore-Fans in der Garage. Foto: Dietze

Wie aus der Geisterbahn: Hardcore-Fans in der Garage. Foto: Dietze

Saarbrücken. "Persistence" heißt Ausdauer. Ausdauer haben die beiden Mitte der Achtziger gegründeten Headliner des Abends - Suicidal Tendencies und Biohazard - bereits bewiesen. Seit mehr als 25 Jahren stehen sie nun - mit einigen Unterbrechungen und in wechselnder Besetzung - auf den Bühnen dieser Welt und können sich noch immer einer treuen Anhängerschaft erfreuen. Da mag es nur allzu logisch sein, dass dem Publikum am Freitagabend in der Saarbrücker Garage Ausdauer abgetrotzt wurde bis sich Mike "Cyco Miko" Muir und Bobby Hambel die Ehre gaben und die Herzen eingefleischter Hardcore-Fans höher schlugen ließen.Los ging es bereits um 17 Uhr mit dem ersten Bier und der Band Rising Anger. Die jungen Wiesbadener legten einen schmissigen Gig vor den lichten Reihen hin - das übliche Los des Openers. Es folgten die Crushing Caspars aus Rostock, die mit ihrem kraftvollen "Baltic Sea Hardcore" zwar richtig gut rockten, aber auf verhaltenes Echo der stetig wachsenden Hörerschaft stießen; vor allem als sie zum Mitsingen ihres gegen Rassisten gerichteten Songs "Eye for an eye" aufriefen, den wohl einfach keiner kannte.

So richtig Stimmung kam dann mit Lionheart auf. Die fünf Kalifornier eröffneten mit ihrem energiegeladenen und knüppelhart dargebotenen Metalcore den Reigen vor der Bühne. Angestachelt von Robert Watsons abgefeuerten Gesangssalven und seiner fulminanten Bühnenshow wuchs der Kreis der Pogo tanzenden Meute schlagartig an. Die ersten halb vollen Bierbecher flogen durch die Garage und bescherten die obligatorische Bierdusche.

Optimale Bedingungen für Walls of Jericho, die sehnlich herbeigebrüllt wurden. Candace Kucsulain, frisch gebackene Mutter und singende Frontfrau der Detroiter Hardcore-Band, schwor den "Circle" der Tanzwütigen auf eine "fucking good party" ein. Kameras blitzten, mehr Bierbecher flogen, die Tanzwütigen setzten sich und die ganze Garage in Bewegung, bis schließlich auch die letzten Reihen davon erfasst wurden und mein Vordermann mir den Bierbecher aus der Hand schlug. So ist das nun mal, dachte ich mir auf den Weg zum Bierstand, wo ich bierdurchnässt und aus sicherer Entfernung dem Treiben beiwohnte und auf dem ebenfalls durchnässten Notizblock diese Eindrücke festhielt, so gut das eben ging.

Im Nachhinein hätte mich allein schon der Name der nächsten Band "Terror" und ihres erfolgreichsten Albums "Always the hard way" davon abhalten sollen, mich nach vorne zu wagen. Auf meinem harten Weg durch die moshende Menge kam ich nicht weit, weil mich ein muskelbepackter, oberkörperfreier und schwitzender Hardcore-Fan einfach übersehen und niedergerissen hatte. So schnell wie er mir aufgeholfen hatte, war er auch wieder verschwunden und ich zog mich erst einmal zurück, um mich zu begutachten. Der rechte Unterarm war voller Blut, dass aus einer Wunde am Ellbogen lief. Beim Abwaschen des Blutes auf der überfüllten Toilette klopften mir die Leute amüsiert auf die Schulter. Die rauchenden Sanis "versorgten" mich mit einem Pflaster, das aber nicht lange hielt. Terror spielte gerade "Return to strength" ("Rückkehr zu Stärke") als ich mir mein nächstes heilendes Bier gönnte - wie Recht sie hatten!

Ich weiß nicht, ob es nur am schmerzenden Ellbogen und den fünf vorangegangen Bands lag, aber Biohazard konnte mich nicht mehr wie in Jugendtagen begeistern. Die ohne jegliche Pause abgeratterten Songs hörten sich irgendwie alle gleich an. Für Suicidal Tendencies schlug ich mich dann noch mal bis ganz nach vorne durch, um Cyco Miko in Aktion zu sehen. Die Band spielte dieses Mal richtig schnell, ohne Funk, wie sie das oft zu tun pflegt. Zum Schluss lud Mike die Fans auf die Bühne zum gemeinsamen Abschlusschorus ein. Auf die Bühne habe ich es zwar nicht mehr geschafft, aber biergetränkt und blutverschmiert nach Hause unter die Dusche.

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