Blicke auf einen Rastlosen

Saarbrücken. Es wäre mal ein interessanter Test: Beim Saarbrücker Ophüls-Festival die Kinobesucher oder die Jungregisseure zu fragen, wer der Namensgeber der Filmschau ist oder welche Werke er gedreht hat

Saarbrücken. Es wäre mal ein interessanter Test: Beim Saarbrücker Ophüls-Festival die Kinobesucher oder die Jungregisseure zu fragen, wer der Namensgeber der Filmschau ist oder welche Werke er gedreht hat. Würde es viele treffende Antworten geben? Denn man muss es zugeben: Max Ophüls (1902-1957), der in Saarbrücken geborene Filmemacher, Theater- und Hörspielregisseur ist weitgehend vergessen, eher ein Nischenthema von Filmhistorikern und Kinoliebhabern jenseits der Grenze: In Frankreich etwa gibt es wesentlich mehr Ophüls-Filme auf DVD als bei uns (da sind es gerade mal zwei).Erfreulich also, dass nach der 1998er Biografie von Helmut G. Asper nun ein lesenswerter Erinnerungsband erscheint, eine Sammlung von Artikeln und Aufsätzen, die Ophüls und seine wechselhafte Karriere beobachten. Michael Beckert, der das Ophüls-Festival 1980 mitgegründet hat, schildert in einem seiner beiden Buchbeiträge die aktuelle und magere Rezeption Ophüls' als vergessene Größe. Warum Ophüls heute nicht mehr bekannt ist, versucht Regisseur Dominik Graf zu ergründen (mit einem liebevollen Text, der in kürzerer Form zuvor in der FAZ erschienen ist): Für Graf ist "Lola Montez" der Grund, Ophüls' letzter und ungemein teurer Film, einer "der herrlichsten Filme aller Zeiten" (Graf), aber eben kommerziell völlig erfolglos: Das Publikum soll bei der Pariser Premiere randaliert haben, verärgert von einer opulenten Poesie, die es schlicht als langweilig empfand.

Ophüls' Jahre zuvor in amerikanischer Emigration beschreibt Hans Christoph Blumenberg in einem Aufsatz, der 1970 in der Zeitschrift "Film" erschienen ist. Blumenberg widerspricht der damalig weit verbreiteten Auffassung, das Hollywood-Studiosystem mit seiner seriellen Produktion sei eine "Tretmühle" gewesen, in der besonders kreative Köpfe aus dem Tritt gekommen wären. Für Blumenberg hat gerade Ophüls hier, nach anfänglicher Durststrecke, drei gelungene Filme drehen können. "Brief einer Unbekannten" (1948), eine Liebestragödie nach Stefan Zweig, hält Blumenberg für den vielleicht besten Film Ophüls'.

1925/26 hatte Ophüls einige Monate als Regisseur und Darsteller in Wien gearbeitet, wovon die Autorin Ulrike Jacobs schreibt, generell auch von der Liebe des Künstlers zur österreichischen Literatur - nicht zuletzt zu Arthur Schnitzler, dessen "Reigen" er 1950 verfilmte. An den "Reigen" knüpft Autor Georg Bense an, der sich in einem essayistischen Text der Bewegung bei Ophüls widmet: sowohl, was seine Behandlung der Kamera und des Bildausschnitts angeht als auch das rastlose Leben. Ophüls fand es schon als Kind viel einfacher, zu rennen als zu gehen. tok

Kurt Bohr, Michael Beckert (Hrsg.): Max Ophüls. Das Leben - ein Reigen. Verlag Saarkultur, 120 Seiten, 12 €

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