Mit Video der Überwachungskamera „Wie in einem schlechten Film“– dreister Tankbetrug in Überherrn eskaliert
Exklusiv | Überherrn · In Überherrn hat sich ein besonders dreister Fall von Tankbetrug mit vier Autos ereignet. Als der Tankstellenpächter eingreift, eskaliert die Situation – drei Mitarbeiter berichten.
Vier unscheinbare Autos verteilen sich zeitgleich an die Zapfsäulen einer Tankstelle in Überherrn, Saarland. Vier junge Männer steigen abwechselnd aus ihren Autos und greifen jeweils nach einer Zapfpistole. Es ist 21.45 Uhr am Dienstagabend, 19. September. Eine Überwachungskamera zeichnet die Szenerie auf. Schnell wird klar, hier ist etwas faul. Ein Mann im Bildvordergrund zieht sich die Kapuze tief ins Gesicht, ein anderer wirkt nervös, ein Dritter hat weiße Farbe im Gesicht, und der Vierte trägt eine medizinische Maske.
Tankbetrug im Saarland – Diebstahlserie in Überherrn dauert trotz Kameras an
Tankwart Thomas Reiter lässt sich nicht täuschen. Der 62-Jährige geht hinaus und weist den Mann mit der Maske auf das Vermummungsverbot hin. Dieser murmelt in gebrochenem Deutsch, dass er krank sei. Reiter riecht den drohenden Betrug und soll Recht behalten.
Binnen eines Monats sollen Mitglieder der Gruppe bereits zum sechsten Mal Benzin geklaut haben. Reiter hat wiederholt Anzeige erstattet und Videomaterial an die Polizeiinspektion Saarlouis übergeben, aber die dreisten Diebe kommen immer wieder. Sein 19-jähriger Sohn Jonas vermutet, dass die mutmaßlichen Täter aus Frankreich offenbar glauben, straffrei davonzukommen. Selbst die gut sichtbaren Kameras schrecken sie nicht ab.
Verdächtige Kennzeichen und raffinierte Ablenkung bei dreistem Tankbetrug
Doch der Tankbetrug an diesem Dienstag ist anders als die vorhergegangenen. Als sich der Vorfall ereignet, arbeitet Mitarbeiterin Tanja Brüning an der Kasse. Sofort bemerkt sie ein verdächtiges Saarbrücker Kennzeichen mit den Ziffern 666 an einem schwarzen Audi. Sie hat dasselbe Kennzeichen bereits an einem anderen Auto gesehen, bei dem der Fahrer ebenfalls die Zeche geprellt hatte. Ein weiteres Kennzeichen an einem Renault Captur soll ebenfalls gestohlen worden sein. Laut Brüning hat sich am Mittwoch eine Frau gemeldet, die behauptet, dass ihr dieses Kennzeichen auf einem Friedhofsparkplatz entwendet worden sei. Die beiden weiteren Autos an der Tankstelle haben französische Kennzeichen.
Nur einer der vier Männer begibt sich nach dem Tanken zum Bezahlen in den Verkaufsraum der Tankstelle, ohne jedoch ein Wort zu sagen. Die 27-jährige Kassiererin vermutet, dass dies nur ein Ablenkungsmanöver war. Währenddessen verlassen zwei Autofahrer die Tankstelle mit ihren betankten Fahrzeugen. Tankwart Thomas Reiter kann nur hilflos zusehen.
Audi stoppt in letzter Sekunde – Tankstellenpersonal geschockt
Doch er stellt sich dem verbliebenen Renault-Fahrer in den Weg und versucht, mit ihm zu sprechen. Der Mann mit der Kapuze gibt jedoch zu verstehen, dass er nur Französisch spricht. Dann durchsucht er demonstrativ sein Auto bei geöffneter Fahrertür. Dies beobachtet Brüning von der Kasse aus. Sie hegt die Befürchtung, der Mann könne eine Waffe aus dem Fahrzeug holen. Ihr Unbehagen wächst, und die Situation droht zu eskalieren.
Schließlich spitzt sich die Situation tatsächlich zu. „Es fühlte sich an wie in einem schlechten Film“, erinnert sich Brüning. Der zuvor im Rückwärtsgang geflohene Audi kehrt plötzlich zurück und rast auf Thomas Reiter zu, der immer noch vor dem Renault steht. Er stoppt seinen Wagen nur wenige Zentimeter vor Reiter in einer Vollbremsung.
Diese Aktion zeigt Wirkung. Thomas Reiter ist zunächst geschockt. „Damit habe ich nicht gerechnet, das war wirklich heftig“, berichtet er. Die dreisten Diebe nutzen die Verwirrung und verschwinden. Brüning, die seit acht Jahren an Tankstellen arbeitet, sagt: „So etwas habe ich noch nie erlebt.“
Tankbetrug in Überherrn: Diebe entkommen der Polizei
Das zuständige Polizeirevier in Bous war am Abend für eine Stellungnahme nicht mehr erreichbar. Das Landespolizeipräsidium bestätigt lediglich, dass ein Fall von Tankbetrug an einer Tankstelle in Überherrn zur Anzeige gebracht wurde und die Fahndung bisher ergebnislos verlief.
„Die Diebe agieren ungeniert, da sie sich bewusst sind, dass es schwer ist, sie mit gestohlenen Kennzeichen zu erwischen“, schließt Brüning ab. Gemäß dem Schengener Durchführungsübereinkommen ist es der saarländischen Polizei nicht gestattet, die Verfolgung bei Tankbetrug über die Staatsgrenze hinweg aufzunehmen, wie ein Sprecher des Kriminaldienstes Völklingen auf SZ-Anfrage mitteilt.