Vorwürfe zurückgewiesen Völlig überraschend – Andreas S. sagt aus im Polizistenmord-Prozess

Im Polizistenmord-Prozess in Kaiserslautern widerspricht der Hauptangeklagte den Vorwürfen. Er habe zwar geschossen, der Polizist habe aber zuerst geschossen, sagt er in einer rund zweistündigen Einlassung.

Polizistenmorde von Kusel: Andreas S. mit überraschender Aussage im Prozess ​
Foto: dpa/Uwe Anspach

Im Mordprozess um zwei erschossene Polizisten Ende Januar nahe Kusel (Pfalz) hat der Hauptangeklagte die Vorwürfe in seiner ersten persönlichen Erklärung zurückgewiesen. Vor dem Landgericht Kaiserslautern sagte der 39-Jährige am Dienstag, er habe bei einer nächtlichen Fahrzeugkontrolle zwar mit einem Gewehr drei Schüsse auf einen Polizisten abgegeben - dieser habe aber zuerst geschossen.

„Das hat vor mir aufgeblitzt, das hat ins Fahrzeug eingeschlagen. Ich konnte die Situation gar nicht greifen“, sagte der Mann in seiner rund zwei Stunden langen Einlassung, gelegentlich von Schluchzen unterbrochen. Die Erklärung war nicht angekündigt worden und erfolgte überraschend inmitten der Zeugenvernehmung am dritten Verhandlungstag. Er habe sich dazu entschlossen, weil die Prozessführung fair sei, sagte der Hauptangeklagte.

Andreas S. gibt seinem Komplizen die Schuld

Während er für sich eine Art Notwehrlage schilderte, gab er dem Nebenangeklagten - seinem Komplizen in der Tatnacht - die Schuld am Tod der Polizistin bei der Verkehrskontrolle. Der 33-Jährige habe die Frau erschossen. Richter Raphael Mall sagte nach der Einlassung: „Ich muss das noch kurz für mich sacken lassen.“

Eine ähnliche Erklärung hatte der Hauptangeklagte zu Prozessbeginn von seinem Anwalt verlesen lassen. Der Verteidiger des 33-Jährigen hatte den Vorwurf gegen seinen Mandanten zurückgewiesen.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Hauptangeklagten vor, vor fünf Monaten eine 24 Jahre alte Polizeianwärterin und einen 29 Jahre alten Polizeikommissar ermordet zu haben, um Jagdwilderei zu verdecken.

Wovon die Ermittler im Fall Kusel ausgehen

Die Ermittler gehen von einem Feuergefecht zwischen dem Polizeikommissar und dem Hauptangeklagten aus. Der Polizist soll das Magazin seiner Dienstpistole leergeschossen haben – ohne den Angreifer zu treffen.

Die Gewalttat sorgte bundesweit für Entsetzen. Dem Komplizen wirft die Anklagebehörde versuchte Strafvereitelung vor. Er soll zwar beim Spurenverwischen geholfen, aber nicht geschossen haben. Der nächste Prozesstag ist für Donnerstag (9 Uhr) geplant.

Das sagten die Zeugen am dritten Prozesstag, 28. Juni 2022

Am Dienstag schilderten Zeugen einen dramatischen Schusswechsel in der Tatnacht. „Das war Bumm Bumm“, sagte ein 47 Jahre alter Anwohner. Schüsse aus Gewehr und Pistole seien deutlich zu vernehmen gewesen. Ein weiterer Zeuge hörte jemanden „Bleib stehen“ schreien und ebenfalls zahlreiche Schüsse. „Das waren mehrere Schussfolgen. Fast wie eine Feuerwerksbatterie“, sagte der ebenfalls 47 Jahre alte Mann und klopfte im Gerichtssaal viermal laut mit geballter rechter Hand rhythmisch auf den Tisch.

Mehrere Zeugen berichteten von einem deutlichen, harten letzten Knall – „wie bei einem finalen Fangschuss bei Tieren“, sagte ein 65 Jahre alter Zeuge. Auch Tonaufnahmen einer Überwachungskamera unweit des Tatorts wurden abgespielt. Darauf waren die Schüsse deutlich zu hören. Bisher sind vom Landgericht Termine bis zum 9. September vorgesehen - allerdings prüft das Gericht bereits weitere Termine bis 19. Oktober.

Dem Magazin „Stern“ zufolge soll der Hauptangeklagte in der Vergangenheit mehrfach angekündigt haben, zu schießen, falls er beim Wildern ertappt werde. Das gehe aus Ermittlungsakten hervor, berichtete das Blatt. So habe etwa ein langjähriger Jägerfreund des 39-Jährigen ausgesagt, dieser habe erzählt, dass er grundsätzlich eine Schrotflinte bei sich habe – und sich damit den Weg freischießen werde, falls er beim Wildern kontrolliert werde. Weitere Menschen sollen der Polizei von ähnlichen Äußerungen berichtet haben.

(dpa)
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