Billigmode sorgt weiter für Ärger

London/München · Billige Mode lockt die Kunden, doch die Berichte über katastrophale Produktionsbedingungen in der Branche reißen nicht ab. Dem irischen Unternehmen Primark wurde dabei womöglich ein Streich gespielt. Der Sportartikel-Hersteller Puma stoppt Aufträge an eine marode Fabrik in El Salvador.

Die Arbeitsbedingungen in der Textilbranche stehen weiter im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit. Das irische Unternehmen Primark, das wegen in Kleidungsstücke eingenähter, angeblicher Hilferufe von Arbeiterinnen in die Kritik geraten war, ist dabei womöglich einer Kunstaktion aufgesessen. Der fränkische Sportartikel-Hersteller Puma hat einem "Spiegel"-Bericht zufolge angesichts katastrophaler Zustände in einer Fabrik in El Salvador Aufträge an den Sublieferanten gestoppt.

Primark hatte mitgeteilt, zwei vor einigen Tagen aufgetauchte Etiketten mit Hilferufen seien sehr wahrscheinlich gefälscht, ein weiterer Fall werde noch geprüft (wir berichteten). Die beiden im walisischen Swansea entdeckten Zettel seien eindeutig gleicher Herkunft, obwohl das eine Kleidungsstück in Rumänien, das andere in Indien hergestellt worden sei. Beide seien aber 2013 in der selben Filiale verkauft worden.

Im gleichen Jahr habe es in Swansea eine Kunstaktion mit solchen Etiketten gegeben, bei der Besucher ermutigt worden seien, sie in Kleidung einzunähen, hieß es weiter. Wie die "South Wales Evening Post" berichtet, hatte eine Kunststudentin ähnliche Zettel für ein Austauschprojekt mit einer chinesischen Universität hergestellt. Die Untersuchung des Vorfalls habe Primark zu der Schlussfolgerung geführt, dass es sich wahrscheinlich um einen "Streich" handele. Eine weitere Mitteilung, die in Nordirland aufgetaucht war, werde noch untersucht. Primark betonte erneut, dass sich das Unternehmen für gute Arbeitsbedingungen in den Herstellerländern einsetze. 2013 hat die Handelskette nach eigenen Angaben mehr als 2000 Fabrikinspektionen ausführen lassen.

Eine marode Fabrik in El Salvador soll dem "Spiegel" zufolge für Puma T-Shirts zu Dumpinglöhnen produziert haben. Arbeiterinnen der Fabrik berichteten von Verbrennungen durch offene Kabel, verdrecktem Trinkwasser und extremem Arbeitsdruck: "Im Moment dürfen wir häufig nicht mal zur Toilette gehen", zitiert das Magazin eine Büglerin. In den vergangenen Monaten hätten viele Arbeiterinnen nicht einmal den gesetzlichen Mindestlohn von 203 Dollar (146 Euro) erhalten. Die Fabrik sei von Puma nicht als Zulieferer autorisiert worden, erklärte das Unternehmen laut "Spiegel". Ein anderer Zulieferer habe die Aufträge weitergereicht. Die Auftragsvergabe sei inzwischen gestoppt worden.

Die Textilbranche steht seit einem verheerenden Unfall in einer Fabrik in Bangladesch im April 2013 im Fokus öffentlicher Kritik. Bei dem Einsturz des Gebäudes, in dem auch für europäische Hersteller produziert wurde, kamen wegen mangelhafter Sicherheitsvorkehrungen mehr als 1100 Menschen ums Leben.

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HintergrundPrimark ist eine Tochter des britischen Mischkonzerns Associated British Foods (ABF). Nach einem starken Wachstum ist das irische Unternehmen inzwischen mit einem Umsatz von 4,3 Milliarden Pfund (5,3 Milliarden Euro) im Geschäftsjahr 2012/13 die größte Sparte des überwiegend in der Ernährungsbranche tätigen Mutterkonzerns. Zu ABF gehören auch die Teemarke Twinings und das aus der Schweiz stammende Malzgetränk Ovomaltine. Allein bei Primark sind in acht Ländern rund 48 000 Mitarbeiter beschäftigt, in Deutschland gibt es bisher acht Filialen, eine davon in Saarbrücken. Die Gewinnmarge liegt bei zwölf Prozent. dpa

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