Bernanke lässt die Kurse fallen

Washington/Frankfurt · Fed-Chef Bernanke macht Andeutungen über ein Ende des billigen Geldes – und die Märkte reagieren mit Talfahrt. Eine Drosselung der Notenpresse könnte schon dieses Jahr beginnen – aber nur vielleicht.

Es waren nur vage Worte, mit denen US-Notenbankchef Ben Bernanke ein mögliches Anziehen der Geldschraube angedeutet hat. Trotzdem hat er damit die Aktienmärkte weltweit auf Talfahrt geschickt.

Der oberste US-Geldpolitiker hatte am Mittwochabend angekündigt, dass die Notenpresse vom Herbst an langsamer laufen könnte. Und im Herbst 2014 könnte die Notenbank ihre milliardenschweren Anleihekäufen sogar ganz einstellen. An sich ist das eine gute Nachricht, denn die Notenbanker reagieren nur auf ihre verbesserten Prognosen für die Preisstabilität und den Arbeitsmarkt. Tatsächlich war es in den vergangenen Monaten aber vor allem das viele billige Geld der Zentralbanken, das die Börsen rund um den Globus auf Rekordjagd geschickt und alternative Anlagen unattraktiv gemacht hat.

Allerdings blieb Bernanke unkonkret: "Unsere Politik ist in keinster Weise vorbestimmt und hängt von den eingehenden Daten und Vorhersagen ab", sagte er. Trotzdem reagierten sämtliche Börsen negativ auf seine Bemerkungen. Der Nikkei-Index in Tokio verlor 1,74 Prozent, der Dow Jones Industrial setzte seine Abwärtsbewegung vom Vortag fort und verlor bis zum Mittag knapp 1,4 Prozent. Tags zuvor war der Dow nach den mit Spannung erwarteten Aussagen der Fed bereits um 1,35 Prozent gefallen. Der deutsche Leitindex Dax schloss gestern sogar 3,28 Prozent tiefer auf 7928,48 Punkten. Neben der möglichen Drosselung der lockeren US-Geldpolitik hatten auch noch schlechte chinesische Konjunkturdaten die Anleger verschreckt.

Die rotierende US-Notenpresse beflügelt die Börsen seit Jahren: Die Fed kauft zur Stützung der Konjunktur monatlich Anleihen im Wert von 85 Milliarden Dollar auf. Seit der schweren Finanzkrise 2008 liegen die Zinsen auf einem historischen Tief von null bis 0,25 Prozent. Die Nervosität, die derzeit an den Märkten umgeht, beruht vor allem auf der Frage, ob ein Ende der Liquidität das zarte Pflänzchen der Konjunktur ersticken könnte.

Um Sorgen über ein Ende des Aufschwungs zu zerstreuen, bemühte sich Bernanke um eine bildhafte Sprache: "Um einen Vergleich vom Autofahren zu benutzen: Jede Verlangsamung im Anleihenverkauf ist ein bisschen wie vom Gaspedal zu gehen, während das Auto beschleunigt - nicht aber, damit zu beginnen, auf die Bremse zu treten." Eigentlich sind Bernankes Kommentare Anzeichen für eine Erholung der US-Konjunktur und damit eine gute Nachricht - allerdings wirkten die Gegenmaßnahmen der Fed an den Märkten nach Einschätzung mancher Ökonomen wie eine Droge, die nun entzogen wird.

In den USA zeigen die Konjunktursignale eine Erholung an. Der Sammelindex der wirtschaftlichen Frühindikatoren stieg im Mai verglichen mit dem Vormonat um 0,1 Prozent, teilte das Forschungsinstitut Conference Board gestern mit. Der Fed-Chef wies auch auf Fortschritte am Arbeitsmarkt hin. Insgesamt hätten sich die Risiken für die Wirtschaft seit vergangenem Herbst verbessert, heißt es in einer Mitteilung des Fed-Offenmarktausschusses. Die Arbeitslosenquote ist mit 7,6 Prozent zwar noch hoch, um eine stärkere Erholung zu stützen, werden die Anleihenverkäufe aber vorläufig fortgesetzt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort