Bei Zuschüssen werden deutsche Bauern einsilbig

Berlin. Viele Bauern und Lebensmittel-Konzerne haben sich den Tag rot im Kalender markiert: Morgen veröffentlicht die Bundesrepublik als letztes der 27 EU-Länder die Empfänger der Agrarbeihilfen aus Brüsseler Töpfen. Mit Name, Ort und Summe soll jeder Empfänger künftig im Internet genannt werden

Berlin. Viele Bauern und Lebensmittel-Konzerne haben sich den Tag rot im Kalender markiert: Morgen veröffentlicht die Bundesrepublik als letztes der 27 EU-Länder die Empfänger der Agrarbeihilfen aus Brüsseler Töpfen. Mit Name, Ort und Summe soll jeder Empfänger künftig im Internet genannt werden. Doch die neue Offenheit könnte einen groben Schönheitsfehler haben: Bayern sperrt sich nach wie vor, obwohl sich Bund und Länder auf ein gemeinsames Vorgehen verständigt hatten. Bisher ist unklar, ob der Freistaat noch einlenkt. Denn die Veröffentlichung der Daten bleibt heftig umstritten. Die deutsche Landwirtschaft bekommt pro Jahr 5,4 Milliarden Euro an Subventionen von der Europäischen Union. Das Geld geht allerdings nicht nur an Bauern, sondern auch an andere Landbesitzer - beispielsweise Nahrungsmittel-Hersteller. Eigentlich war die Frist für Deutschland, die Namen zu nennen, bereits Ende April abgelaufen. Doch Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) stoppte die Veröffentlichung kurz vor Toresschluss. Auf deutscher Seite habe es "entgegen dem europäischen Recht unterschiedliche Gerichtsurteile zum selben Sachverhalt" gegeben, erklärte die Ministerin. "Mir war daran gelegen, dass die Länder und der Bund die Rechtsprechung ziemlich einheitlich handhaben und geschlossen auftreten." Damit riskierte Aigner, aus Brüssel zu Strafzahlungen verdonnert zu werden.Der Deutsche Bauernverband sieht in der Offenlegung einen "gravierenden Eingriff" in das Grundrecht auf Datenschutz, weil die Angaben weltweit eingesehen werden können. In erster Linie allerdings befürchten die Landwirte eine Neiddebatte - ausgerechnet in der Krise. So verweist der Verband darauf, dass die Bauern auch Mittel als Ausgleich für Auflagen zum Umwelt-, Tier- oder Verbraucherschutz bekommen. Mehrere Landwirte zogen gegen die geplante Veröffentlichung bereits vor Gericht. Einige wurden dort bestätigt: Das Verwaltungsgericht Wiesbaden beispielsweise untersagte im April dem Land Hessen per Eilentscheidung, die Daten preiszugeben. Das Verwaltungsgericht im nordrhein-westfälischen Minden dagegen urteilte gegen die Bauern. Auch der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof wollte eine Veröffentlichung nicht beanstanden. Nun soll der Europäische Gerichtshof den Wiesbadener Fall prüfen.Die Liste im Internet ist nicht die erste Aufstellung über Empfänger von EU-Agrarhilfen. Bereits heute sind diejenigen mit Name, Ort und Summe im Netz aufgeführt, die aus Brüssel Geld für die Entwicklung ländlicher Regionen bekommen. Die Umweltschutz-Organisation Greenpeace erstritt vor dem Bundesverwaltungsgericht, dass auch die Empfänger der höchsten europäischen Agrar-Exporthilfen genannt werden. Diese Liste zeigt, dass viele Großunternehmen Millionen bekommen. Darunter waren 2004/2005 der Zuckerproduzent Südzucker mit knapp 82 Millionen Euro und Nordmilch, die größte deutsche Molkerei, mit 22,4 Millionen Euro.Ob von morgen an alle Empfänger direkter Beihilfen folgen, hängt wesentlich von Bayerns Agrarminister Helmut Brunner (CSU) ab. Entgegen der Ansage seiner Parteifreundin Aigner will er vorerst auf die Veröffentlichung verzichten. Zunächst müsse dies europarechtlich geklärt sein, betonte sein Sprecher. Aigner dagegen pocht weiter auf eine gemeinsame Linie. Und hofft, dass Bayern doch noch einlenkt.

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