Bei Überstunden gibt es Grenzen

Was tun, wenn der Lohn aussteht oder plötzlich eine Kündigung im Briefkasten liegt? Fragen zum Arbeitsverhältnis beantworteten Samia Wenzl und Anke Marx, Juristinnen der Saar-Arbeitskammer, am SZ-Telefon.



Es sind im letzten Monat bei mir 35 Überstunden angefallen, die mir mein Arbeitgeber nicht bezahlen möchte. Ich soll sie statt dessen zu gegebener Zeit "abfeiern". Ist das zulässig?

Grundsätzlich sind Überstunden am Ende des jeweiligen Monats zu vergüten. Damit Überstunden durch Freizeitgewährung ausgeglichen werden können, muss eine entsprechende Abrede bestehen. Diese Befugnis zum Freizeitausgleich kann im Arbeitsvertrag geregelt sein, es kann sich auch um eine mündliche oder stillschweigende Regelung handeln (wenn zum Beispiel schon seit geraumer Zeit immer der Freizeitausgleich durchgeführt wird und Überstunden daher nicht bezahlt wurden). Auch in Tarifverträgen oder in entsprechenden Betriebs- oder Dienstvereinbarungen können Regelungen zu Überstunden vorkommen, die dem Arbeitgeber in gewissen Grenzen ein Recht zum Ausgleich über Freizeitgewährung einräumen.

Ich arbeite Teilzeit an drei Tagen in der Woche zweimal acht und einmal vier Stunden. Und zwar schon seit drei Jahren. Jetzt möchte mich der Arbeitgeber lieber an fünf Tagen für jeweils vier Stunden am Arbeitsplatz sehen. Kann er das verlangen?

Sofern es bei Vereinbarung der Teilzeittätigkeit versäumt wurde, auch eine Regelung zur Verteilung der Arbeitszeit vertraglich festzuschreiben, kann eine Änderung der Arbeitszeiten vom Arbeitgeber vorgegeben werden. Dabei muss er - wie bei allen Weisungen - gemäß Paragraf 106 Gewerbeordnung (GewO) die Grenzen billigen Ermessens einhalten. Das heißt, die Änderung der Arbeitszeiten darf nicht willkürlich oder als Maßregelung erfolgen, sondern nur unter angemessener Berücksichtigung sowohl betrieblicher als auch schutzwürdiger Arbeitnehmerinteressen. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen, heißt es außerdem in diesem Paragrafen.

In meinem Arbeitsvertrag steht eine Klausel, wonach ich dazu verpflichtet werden kann, über den vertraglichen Rahmen von 8,5 Stunden pro Tag noch weitere Überstunden abzuleisten. Jetzt kommt es immer wieder vor, dass ich zwölf oder mehr Stunden arbeiten soll, wenn dringende Aufträge zu erledigen sind. Ich fühle mich dieser zusätzlichen Belastung aber nicht mehr gewachsen. Muss ich wirklich in solchem Maße Arbeit leisten?

Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht dazu berechtigt, von Ihnen mehr als zehn Stunden Arbeitsleistung pro Tag zu verlangen. Nur bei Arbeitsunterbrechungen durch Arbeitsbereitschaft (Bereitschaftsdienst) kann aufgrund von tariflichen Regelungen eine längere Arbeitszeit angeordnet werden. Nach zehn Stunden Arbeitsleistung können Sie die Arbeit einstellen, ohne dass dies zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen darf. Das Arbeitszeitgesetz sieht darüber hinaus vor, dass innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen ein Zeitausgleich derart erfolgen muss, dass im Durchschnitt acht Stunden werktäglich, also 48 Stunden wöchentlich, nicht überschritten werden.

Laut einer Klausel in meinem Arbeitsvertrag bin ich verpflichtet, über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus zu arbeiten, wenn der Arbeitgeber dies aus betrieblichen Gründen anordnet. Diese Überstunden sollen mit dem Festgehalt abgegolten sein. Sie werden also weder zusätzlich vergütet, noch erfolgt ein Freizeitausgleich. Ist das zulässig?

Da Sie in solch einem Fall nicht absehen können, wie viel Arbeit sie eigentlich leisten müssen, um das vertraglich vereinbarte Gehalt zu erzielen, ist die Klausel, wonach sämtliche Überstunden mit dem Gehalt abgegolten sein sollen, unzulässig und damit unwirksam. Sie können daher eine zusätzliche Vergütung für all die Zeiten einfordern, die über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort