Bei "La Bohème" muss er weinen

Saarbrücken. Eigentlich wollte er nur mal wieder mit seiner Bekannten im Saarland telefonieren - das hatte Folgen. Denn ganz beiläufig erwähnte diese, dass im Bass des Saarbrücker Opernchors eine Stelle frei wird. An seiner Arbeit im Opernchor Krefeld hatte Jeong Han Lee nicht das Geringste auszusetzen

 Jeong Han Lee. Foto: Oliver Dietze

Jeong Han Lee. Foto: Oliver Dietze

Saarbrücken. Eigentlich wollte er nur mal wieder mit seiner Bekannten im Saarland telefonieren - das hatte Folgen. Denn ganz beiläufig erwähnte diese, dass im Bass des Saarbrücker Opernchors eine Stelle frei wird. An seiner Arbeit im Opernchor Krefeld hatte Jeong Han Lee nicht das Geringste auszusetzen. "Ich habe hier schon während meines Studiums an der Essener Folkwang-Hochschule gesungen", erzählt der Koreaner. Dennoch, das Telefonat ließ ihm keine Ruhe. "In Deutschland werden Opernchöre in vier verschiedene Kategorien eingeteilt", erklärt Lee. "Saarbrücken ist eine Stufe höher als Krefeld, das reizte mich ungemein." Er bewarb sich schließlich, sang vor und bekam den Job. Das ging schneller, als Familie Lee lieb war, da seine Frau und drei Kinder sich gerade in der Fremde eingelebt hatten. Doch nach langem Überlegen gab man Saarbrücken den Zuschlag. Neben der höheren Einstufung des Chors bot auch der neue Standort einen klaren Vorteil. Da das Theater Krefeld mit Mönchengladbach kooperiert, singt der Chor mal hier, mal dort. "Das Pendeln war ziemlich anstrengend", erinnert sich der junge Bass. "Wenn wir Vorstellung in Mönchengladbach hatten, war ich nie vor Mitternacht zu Hause." Nun singt Lee seit zwei Jahren im Saarbrücker Opernchor und hat seine Entscheidung nie bereut. Hier hat er sogar Verstärkung von sechs weiteren Landsleuten, was er genießt, was aber auch dazu führt, dass man untereinander nur koreanisch spricht. "Mein Deutsch wird immer schlechter!" Das Singen verschiedener Sprachen bereitet Lee jedoch keine Probleme. "Im Koreanischen haben wir die gleichen Vokale wie die Europäer", erklärt er. "Da haben es die Japaner deutlich schwerer. Die haben nämlich beispielsweise kein ,ü' oder ,ö'. Und dann sagen sie zum ,König' immer ,Konig'." Im Allgemeinen liebt das koreanische Publikum Verdi. Lee mag Mozart, ist aber gleichermaßen von Puccini fasziniert - und verrät verstohlen, dass er bei "La Bohème" immer wieder weinen muss. Da ist er sicherlich nicht der Einzige.ld

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