Behörden fragen häufiger Kontodaten ab

Berlin · Inzwischen dürfen auch Gerichtsvollzieher bei unkooperativen Schuldnern Einsicht in Konten beantragen. Vor allem dadurch steigt die Zahl der Abfragen durch Behörden steil an.

Finanzämter, Sozialbehörden und Gerichte prüfen im Kampf gegen Steuerbetrug und Sozialmissbrauch immer häufiger die Konten von Privatpersonen. Im vergangenen Jahr hat sich die Zahl der Abfragen auf 141 640 gegenüber dem Vorjahr verdoppelt. Das Bundesfinanzministerium bestätigte gestern einen entsprechenden Bericht der "Süddeutschen Zeitung".

Die deutliche Steigerung sei aber nahezu vollständig auf die erst seit 2013 möglichen Anfragen von Gerichtsvollziehern zur Existenz von Konten zurückzuführen. Diese Justizbeamten nutzen das Instrument vor allem, wenn sich Schuldner unkooperativ zeigen. Abfragen müssen aber zwingend erforderlich sein. Auch müssen die Ansprüche des Gläubigers mehr als 500 Euro betragen. Im ersten Quartal dieses Jahres stieg die Zahl der Abfragen aus diesen Gründen weiter - von gut 24 000 auf mehr als 48 000. Aus Sicht des Justizministeriums ist es zu früh für eine Bewertung des 2013 eingeführten Instruments.

Seit 2005 dürfen Behörden Konten von Bürgern ermitteln, um Steuerbetrüger ausfindig zu machen und Sozialleistungsmissbrauch einzudämmen. Nur unter bestimmten Voraussetzungen haben Ämter Zugriff auf Daten aller Konten und Depots. Eine Kontenabfrage erfolgt erst, wenn ein Bürger Zweifel an Angaben etwa in seiner Steuererklärung nicht ausräumen kann. Dabei geht es zunächst nur um die Kontonummer sowie Stammdaten wie Name, Geburtsdatum und Adresse.

Von den 2013 erledigten Fällen entfielen 68 648 Abfragen auf Finanzbehörden für steuerliche Zwecke. Das waren 7019 mehr als 2012. Fast 73 000 Fälle betrafen Anfragen von Behörden wegen möglichen Leistungsmissbrauchs. Das ist ein deutliches Plus gegenüber den 9077 im Jahr 2012. Laut Finanzministerium sind 85 Prozent der Anfragen in diesem Bereich auf Gerichtsvollzieher zurückzuführen.

Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff sieht wie ihr Vorgänger die amtliche Neugierde kritisch. Prüfungen der Aufsichtsbehörden hätten ergeben, dass oft sogar die Begründungen für den konkreten Abruf fehlten und die Betroffenen nicht benachrichtigt würden, sagte sie. Der Gesetzgeber sei "in der Pflicht, die Befugnis zum Kontenabruf zu überprüfen und auf das unbedingt erforderliche Maß zurückführen".

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