Begegnung mit Science-Fiction-Kapitäninnen

Völklingen. Sie sind Managerinnen eines Science-Fiction-Unternehmens, behaupten sie, arbeiten an der Zukunft. Doch sie sehen dabei ein bisschen alt aus, sprich wie Museums-Objekte zur ersten Loveparade. Das passt. Denn: "Wo wir sind, ist Museum", rufen die Paradiesvögel Eva & Adele seit den Neunzigern in die Welt - und werden nicht selten als Spaßvögel missverstanden

 Das Kunstpaar "Eva & Adele" in der Alten Hütte. Foto: Iris Maurer

Das Kunstpaar "Eva & Adele" in der Alten Hütte. Foto: Iris Maurer

Völklingen. Sie sind Managerinnen eines Science-Fiction-Unternehmens, behaupten sie, arbeiten an der Zukunft. Doch sie sehen dabei ein bisschen alt aus, sprich wie Museums-Objekte zur ersten Loveparade. Das passt. Denn: "Wo wir sind, ist Museum", rufen die Paradiesvögel Eva & Adele seit den Neunzigern in die Welt - und werden nicht selten als Spaßvögel missverstanden. Denn wie vor ihnen bereits die Fluxus-Künstler durchlöchern sie die Mauern zwischen Privatheit und Performance, zwischen Mann- und Frausein, Make-up- und Kunstmalerei. Drei Stunden Arbeit kostet sie ihre immer gleiche Maske täglich. Eva & Adele führen vor, dass die Haut längst gerissen ist zwischen Kunst- und Show-Betrieb, wie dicht viele an Scharlatanerie segeln. Das darf als Provokation durchgehen. Dazu lächeln sie, geschminkt wie Harlekins, konsequent und penetrant, aber "aus dem Herzen". Weil nur die echte Hinwendung wirke, sagt Eva, "um den Menschen die Angst vor dem Anderssein zu nehmen".Bei "biologisch-dynamisch-vegetarischer" Kost sitzen die beiden dieser Tage im Weltkulturerbe Völklinger Hütte. Haben dort "performed", sprich Fotos gemacht, die in einer Open-Air-Ausstellung gezeigt werden sollen, der Schriftzug "Futuring" steht bereits im Landschaftsgarten "Paradies". Das eine Installation zu nennen, ist dreist, und nur im Gesamtkontext ihres "geistigen" Konzeptes verständlich.

Es liegt auf der Hand, warum es zwischen Generaldirektor Meinrad Maria Grewenig und den beiden gefunkt hat: Er begreift die Alte Hütte als ein Labor zur Erforschung der "New Culture". Eva & Adele beschreiben ihr Werk als "Futuring", als eine Strategie zur Erweiterung des Geschlechter- und Freiheits-Begriffs, sprich ausdrücklich als "gesellschaftsrelevant." Wer mit ihnen spricht, vergisst schnell die lila Augendeckel und die wippenden Perlen-Ohrgehänge. Die beiden sind nicht nur liebenswürdig, sondern nachweislich kompetent und mit hohem Ernst bei der Kunst-Sache. Sie haben Kunst studiert, werden von namhaften Museen ausgestellt, waren Gegenstand von Magisterarbeiten. Die Fotos, die Menschen in aller Welt von ihnen machen und die im Netz floaten, definieren sie als "globale Skulptur". Weil es die beiden nur als Zwilling und nur als Kunstwerk gibt, verwischen sie ihre biografischen Identitäten. Immerhin: Eva hat Deutsch in Wien gelernt, Adele stammt aus Altforweiler.

Hat ihnen die heute allgegenwärtige Gender-Debatte nicht aber doch die Avantgarde-Speerspitze gebrochen? "Schön wär's", sagen sie. "Wenn wir in China oder in arabischen Staaten notlanden, müssen wir immer noch um unser Leben fürchten." Auch das Völklinger Projekt stuft Grewenig als progressiv ein. Denn die Hütte sei kein geschützter musealer Raum: "Hier sind keine Kunstexperten unterwegs. Wir wissen, dass wir mit Eva & Adele viele Besucher an die Grenzen ihrer Auffassungsgabe und ihrer Toleranz stoßen lassen."

Am 3. Juni sind Eva & Adele noch einmal, zur Vernissage, im Weltkulturerbe zu Gast.

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