Spende oder Zwang? Heftige Debatte um Organspende

Berlin · Die Mehrheit der Deutschen befürwortet laut einer Umfrage die Widerspruchslösung.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erhält aus der Ärzteschaft Unterstützung für seinen Vorschlag einer sogenannten Widerspruchslösung bei der Organspende. Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, begrüßte den Vorstoß. Dies sei eine sehr gute Idee, sagte Montgomery der „Passauer Neuen Presse“. Montgomery ergänzte aber, auch wenn die Widerspruchslösung sinnvoll sei, halte er sie für rechtlich sehr schwierig umzusetzen.

Kritik kam vom Deutschen Frauenrat. Er plädiere „eindringlich für die Beibehaltung der Entscheidungslösung“, teilte der Rat mit. Susanne Kahl-Passoth, stellvertretende Vorsitzende des Rats, sagte: „Eine Widerspruchsregelung unterläuft die Freiwilligkeit der Organspende.“ Auch die Landesbischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), Ilse Junkermann, lehnt die Widerspruchslösung bei der Organspende ab. „Das Wort Spende steht für freiwilliges Geben. Bei der sogenannten Widerspruchslösung wird daraus ein Zwang, dem ich nur durch meinen expliziten Widerspruch entkommen kann“, sagte Junkermann gestern. Es degradiere einen sterbenden Menschen zu einem Materiallager für andere.

Spahn hatte am Montag vorgeschlagen, die Voraussetzungen für eine Organentnahme zu lockern: Künftig solle jeder automatisch ein Spender sein, solange er oder seine Angehörigen nicht ausdrücklich widersprechen. Auch innerhalb der Union entfachte Spahns Vorschlag eine kontroverse Debatte. Die Bundestagsabgeordnete und Ärztin Claudia Schmidtke (CDU) begrüßte den Vorstoß. Sie halte es „für eine zutiefst moralische Verpflichtung der Politik“, den auf ein Spenderorgan wartenden Menschen zu helfen.

Kritik kam dagegen von der gesundheitspolitischen Sprecherin der Unionsfraktion, Karin Maag. Eine Widerspruchsregelung würde „noch mehr Ängste wecken und das Vertrauen in die Organspende senken“, sagte sie der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“.

Die Mehrheit der Deutschen befürwortet laut einer Umfrage eine automatische Organspende. Insgesamt 52 Prozent sind für die sogenannte Widerspruchslösung, wie eine repräsentative Civey-Umfrage im Auftrag der Tageszeitung „Die Welt“ ergab. Gegen die automatische Organspende sind der Zeitung zufolge 42 Prozent der Deutschen, 6,8 Prozent sind unentschlossen.

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