„Ich würde für den Erfolg nicht alles tun“

Sie ist quirlig, erfrischend, polyglott und fast in der ganzen Welt daheim. Vor allem aber ist Sol Gabetta eine der herausragenden Cellistinnen unserer Zeit. Kommenden Dienstag, 20 Uhr, ist die 33-jährige Argentinierin Solistin eines der wichtigsten Konzerte der Musikfestspiele Saar, das leider bereits ausverkauft ist. Mit den Münchner Philharmonikern unter Michal Nesterowicz wird sie Dvoraks Cello-Konzert spielen. SZ-Redakteur Oliver Schwambach erreichte die Vielgefragte in Paris.

Das Konzert, das Sie in Saarbrücken spielen werden, machte bereits vorab Schlagzeilen, weil Valery Gergiew mal als Dirigent dafür im Gespräch war. Das missfiel aber der polnischen Botschaft, dass ausgerechnet ein so bekannter Putin-Freund dieses Konzert in einem Polen gewidmeten Festival hätte leiten können. Nun dirigiert der Pole Michal Nesterowicz. Wie sehen Sie das? Ihre Mutter ist ja Russin. Gäbe es für Sie Gründe, ein Konzert aus politischen Gründen nicht zu spielen?

Gabetta: Es stimmt, ich bin halbe Russin, aber das heißt nicht, das ich mit allem, was da passiert, einverstanden bin. Auf keinen Fall. Ich schätze aber auch Valery Gergiew. Doch ich will Politik nicht mit Musik vermischen.

Sie haben mit Pianist Bertrand Chamayou gerade ein sehr schönes Chopin-Album aufgenommen. Chopin ist für eine Cellistin nicht unbedingt die vordringlichste Wahl, das Klavier war sein bevorzugtes Instrument. Spürt man das auch dabei, wie er für das Cello geschrieben hat?

Gabetta: Natürlich, aber bei vielen Komponisten, die für Cello geschrieben haben, spürt man das Denken vom Klavier her. Die Sprache Chopins ist auch wie eine Suche nach einer neuen Artikulation, einer neuen Klangwelt. Ich hatte dieses Chopin-Werk zunächst gar nicht so im Blick, aber durch die gute Zusammenarbeit mit Bertrand, der ein absoluter Chopin-Spezialist ist, hat das alles sehr gut gepasst. Bertrand ist ein hochintellektueller Mann. Und gerade die späten Werke von Chopin brauchen dieses Verständnis. Die Musik ist komplex - und die Cello-Sonate ist ein Meisterwerk, die auch die Reife der Interpretin braucht. Ich bin froh, dass ich mich nicht mit 20 daran versucht habe.

Sie spielen bis zu 200 Konzerte im Jahr, dazu das unerlässliche Üben. Gibt es eigentlich noch Momente, in denen Sie einfach so zu Ihrem Instrument greifen?

Gabetta: Die gibt es schon, ansonsten wäre dieses Leben ja ein Horror.

Sie gehören zu den wenigen Klassikstars, die auf der Bühne immer gut gelaunt wirken und Klassik nicht wie einen Gottesdienst zelebrieren.

Gabetta: Gute Laune bedeutet ja nicht Banalität. Es gibt vielleicht Kollegen, die denken, dass man sie mehr respektiert, wenn sie immer ernst auftreten. Ich gehe an meine Arbeit aber nicht weniger seriös heran, weil ich offener bin.

Sie stehen aber auch für eine andere Form der Musikpräsentation. Im Wechsel mit Martin Grubinger moderieren Sie die Musiksendung "KlickKlack" im Bayerischen Fernsehen. Da wird Klassik erfrischend unkompliziert präsentiert. Was bringt Ihnen diese Fernseh-Arbeit?

Gabetta: Es ist reiner Zufall, dass ich zu dieser Sendung gekommen bin. Ich wollte mich nicht im Fernsehen präsentieren, aber die Redaktion wollte dieses Format und fand, ich passe dazu. Erst schien mir das sehr schwierig, weil es ein Programm in einer Sprache ist, die ja nicht meine Muttersprache ist. Aber ich habe unheimlich viel gelernt dabei. Irgendwie ist das bei mir oft so: Ich suche nicht nach etwas, aber es kommt zu mir. Und ich mache auch nur Dinge, die mir passen, bei denen ich mich wohlfühle. Da sind wir auch wieder bei der Politik: Ich würde für meinen Erfolg nicht alles tun.

Sie haben aber auch den Luxus auswählen zu können, weil Sie sehr erfolgreich sind.

Gabetta: Absolut. Ich habe Glück, ich bin mir dessen bewusst. Ich habe viele sehr gute Kollegen, die weniger zu tun haben als ich. Manchmal ist es eine Sache von Glück, manchmal auch von Stabilität. Mancher wünscht sich wohl so ein Leben, wie ich es führe, aber man muss es dann auch wollen. Denn man muss auch viel aushalten. Nicht umsonst werden viele Musiker oft krank oder die Nervosität macht ihnen zu schaffen.

Ihr polnischer Lieblingskomponist - außer Chopin?

Gabetta: Ich schätze Lutoslawski sehr, und ich habe jetzt auch vor, sein Cello-Konzert einzustudieren gemeinsam mit dem jungen Dirigenten Krzysztof Urbanski. Es gibt eine großartige Kultur in Polen und wunderbare Musiker.

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Auf einen Blick Das Konzert mit Sol Gabetta und den Münchner Philharmonikern am 10. März ist bereits ausverkauft. Die Musikfestspiele Saar beginnen aber gerade erst. Am 14. März, 20 Uhr, spielt Festspielintendant und Pianist Robert Leonardy im Verlesesaal der früheren Grube Reden Werke von Chopin. Schauspielerin Elisabeth Brück ("Tatort") liest dazu Texte von George Sand . redKarten unter Telefon (06 81) 97 61 00.

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